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EADS kommt nicht aus der Misere – Rote Zahlen und keine Dividende (2. AF)

(neu: Aufmachung, Aussage zu Kapitalerhöhung, Details, Hintergrund, Aktienkurs)
PARIS (awp international) – Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS kommt trotz dicker Auftragsbücher nicht aus der Misere. Im Militärgeschäft lastet das Sorgenkind Airbus A400M auf der Bilanz, der Riesenflieger A380 schreibt auf absehbare Zeit rote Zahlen, und nach dem Verlust lukrativer Satellitenaufträge scheint nun auch der milliardenschwere Tankflugzeug-Auftrag aus den USA endgültig unerreichbar. Im abgelaufenen Jahr stürzte EADS trotz gut laufender Flugzeuggeschäfte tief in die Verlustzone. Eine Dividende ist erst wieder für das Jahr 2010 geplant, wie Konzernchef Louis Gallois am Dienstag in Paris ankündigte. Für 2009 sollen die Aktionäre erstmals in der Konzerngeschichte leer ausgehen.
Die EADS-Aktie reagierte mit einem Kursrutsch auf die Nachrichten. Am frühen Nachmittag notierte sie mit 4,45 Prozent im Minus bei 15,14 Euro.
Um den milliardenschweren Tankflugzeug-Auftrag der US-Regierung will sich EADS nach dem Rückzug seines Partners Northrop Grumman nicht alleine bewerben. «Wir haben keine Chance», sagte Gallois mit Blick auf die veränderte Ausschreibung, die den US-Konkurrenten Boeing bevorzuge. Sollten die USA die Ausschreibung allerdings ändern, werde EADS eine Bewerbung prüfen. EADS hatte bereits unter der Regierung von George W. Bush den Zuschlag für die 179 Flugzeuge im Wert von 35 Milliarden US-Dollar erhalten. Auf Druck von Boeing war der Auftrag allerdings neu ausgeschrieben worden. Jetzt meldeten sich die Bundesregierung und die EU-Kommission kritisch zu Wort.
Im Jahr 2009 drückte den EADS-Konzern vor allem das Debakel beim Militärtransporter Airbus A400M in die roten Zahlen. Unter dem Strich stand einen Verlust von 763 Millionen Euro nach einem Gewinn von 1,6 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Unternehmenswerte und ausserordentliche Posten – bei EADS als EBIT bezeichnet – fiel mit minus 322 Millionen Euro ebenfalls negativ aus.
Hauptgrund für den Verlust ist eine erneute Verlustrückstellung von 1,8 Milliarden Euro für den A400M. Wegen Verzögerungen, Sonderansprüchen und technischer Probleme hat das Flugzeug den Zeit- und Kostenrahmen gesprengt. Die Kosten sind von anfänglich 20 Milliarden Euro für 180 Flugzeuge bereits auf mehr als 25 Milliarden Euro gestiegen. Die Staaten, die Transporter bestellt haben, wollen sich nun mit 3,5 Milliarden Euro an den Zusatzkosten beteiligen. EADS hatte bereits zuvor 2,4 Milliarden Euro für den A400M beiseite gelegt. Dennoch wehrte sich Gallois gegen den Eindruck eines Desasters: «Wir liefern ein Ausnahmeflugzeug, es wird ein Erfolg.»
Auch der Riesen-Passagierflieger Airbus A380 kommt nicht aus der Krise: Im vergangenen Jahr legte EADS für das Flugzeugprogramm 240 Millionen Euro zur Seite, zudem belastete die ineffiziente Produktion des Fliegers das Ergebnis. Nennenswerte Verbesserungen erwartet Finanzvorstand Hans Peter Ring erst in zwei bis drei Jahren. Von operativ schwarzen Zahlen ist das A380-Programm ihm zufolge noch weit entfernt.
Der EADS-Umsatz blieb 2009 mit 42,8 Milliarden Euro fast stabil. Der Auftragseingang schrumpfte um gut die Hälfte, der Auftragsbestand ging jedoch nur um 3 Prozent auf 389 Milliarden Euro zurück. Dabei hatte Airbus wegen der Luftfahrtkrise schwerer zu leiden als die übrigen Sparten. Hubschrauber-Aufträge und Bestellungen bei der Raumfahrttochter Astrium und im Rüstungsgeschäft bremsten den Rückgang ab. Allerdings verlor Astrium den ersten Auftrag für das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo an den Konkurrenten OHB, und die milliardenschwere Fertigung für den Meteosat-Wettersatelliten droht an den französischen Konkurrenten Thales zu gehen. «Wir haben die Hoffnung auf den Auftrag noch nicht aufgegeben», sagte EADS-Finanzvorstand Hans Peter Ring.
Für 2010 rechnet das Management nicht mit einer Entspannung der Ertragslage. Die Nachfrage könnte auch noch im Jahr 2011 schwach bleiben, sagte EADS-Chef Gallois. Airbus soll in diesem Jahr allerdings weiterhin brutto insgesamt auf 250 bis 300 Neubestellungen kommen und bis zu 500 Flieger ausliefern. Dabei sollen 20 Exemplare des A380 die Kunden erreichen. Die Produktion der A320-Familie wird zudem auf 36 Maschinen pro Monat hochgefahren. Für 2010 erwartet EADS konzernweit ein EBIT von 1 Milliarde Euro, belastet von Währungsgeschäften. Eine Kapitalerhöhung ist nach Aussage Gallois‘ derzeit allerdings nicht notwendig./stw/wiz

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