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Binationale Paare: «Ich will» oder «Tschüss»

Giacomo Meyerbeer: L'africaine, Opéra (1865)/akg-images

Ein Schweizer Mann trifft in den Ferien in Asien die Frau seiner Träume. Wie geht es für das Paar weiter? Der Möglichkeiten gibt es viele, doch ein gemeinsames Leben in der Schweiz anzufangen, wird immer schwieriger, wie Paare und Berater erleben.

Mya Hejia war noch nie ausserhalb Chinas, als sie zusammen mit ihrem Schweizer Mann im August 2012 auf dem Zürcher Flughafen landete. Nun leben sie zusammen in Bern. Sie spricht zwar leise, aber immer zuversichtlicher und besser Deutsch. Sie habe keine Erwartungen an das Leben in der Schweiz gehabt – doch für sie sei es der beste Platz, um ihre zukünftigen Kinder grosszuziehen.

Eine langbeinige, modisch gekleidete und frisch verheiratete Ukrainerin, die ihren Namen nicht nennen möchte, konnte nur dank einem hart ergatterten «Visum zur Vorbereitung einer Heirat in der Schweiz» kurz das Land ihres zukünftigen Ehemannes besuchen. So erhielt sie einen kleinen Einblick in das Leben in der Schweiz.

Antonia Frei, die aus Rumänien in die Schweiz gekommen ist, hatte die Chance, das Land ein paar Mal zu besuchen, bevor sie ihren Schweizer Mann geheiratet und sich hier niedergelassen hat. Eine Erfahrung, die sie sehr schätzt: «Es war ein Privileg, die Schweiz nach und nach zu entdecken und mich erst dann entscheiden zu können, ob ich für immer hier leben möchte.»

Frei konnte dabei von der Personenfreizügigkeit profitieren, die es Rumäninnen und Rumänen dank der Mitgliedschaft ihres Landes in der Europäischen Union (EU) erlaubt, als Touristen für drei Monate in die Schweiz zu kommen. Doch Menschen aus nicht EU-Staaten ohne Tourismusvisa-Abkommen mit der Schweiz müssen in ihrer lokalen Schweizer Botschaft oder beim Konsulat ein Reisevisum beantragen.

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«Notheirat»

Gudrun Lange von der Beratungsstelle für Frauen und binationale Paare (Frabina) berät seit fast 20 Jahren so genannte binationale Paare, die heute in der Schweiz je nach Statistik fast die Hälfte der Heiraten ausmachen. Lange trifft viele ausländische Frauen – mit ihren Ehemännern oder ohne –, die als totale Neulinge lernen, sich in der Schweizer Gesellschaft zurecht zu finden.

Die Statistik zeigt klar, dass mehr Schweizer Männer ausländische Frauen heiraten als andersherum. Ein Trend, für den Lange keine konkrete Erklärung hat.

In letzter Zeit sei ihre Arbeit durch die Inflexibilität der Einwanderungsbehörden erschwert worden, denn viele Paare «müssen heiraten, um sich besser kennenlernen zu können», sagt sie.

«Ich fühle mich persönlich eingeschränkt durch die neue Migrationspolitik, denn ich spüre, dass grosser Wert darauf gelegt wird, was nicht funktioniert und was nicht erlaubt ist», bemängelt Lange. «Ich würde gerne einem Paar sagen, der ausländische Partner solle zuerst einmal hierher kommen und sehen, wie es ist, statt zu heiraten, nur damit die Person in die Schweiz kommen kann.»

Scheidungsanwalt Roger Groner, der in seiner Kanzlei in Zürich jedes Jahr Dutzende von binationalen Paaren berät, ist der gleichen Meinung wie Lange, was weniger Flexibilität im Migrationssystem der letzten paar Jahre betrifft.

Je nachdem, welche Kriterien angewendet werden, machen binationale Ehen in der Schweiz rund die Hälfte oder einen Fünftel aller Eheschliessungen aus. Jedenfalls ist es eine beträchtliche Zahl, besonders im europäischen Vergleich.

Giampaolo Lanzieri, der 2012 eine umfassende Eurostat-Studie über gemischte Ehen leitete, nahm die Zahl verheirateter Paare, bei denen einer der Partner einheimisch und der andere im Ausland geboren war. Nicht berücksichtigt wurden in seiner Studie jene Paare, bei denen beide Ehepartner im Ausland geboren wurden. Dabei kam heraus, dass in der Schweiz 21% der Eheschliessungen unter diese Kategorie fielen – die höchste Rate in Europa, gefolgt von Lettland, Luxemburg und Estland.

Andere Modelle, wie jenes, welches das Bundesamt für Statistik anwendete, schauten lediglich auf die Staatsbürgerschaft der Ehepartner. Dabei kamen sie auf eine Quote binationaler Ehen von rund 50%. Darunter fielen auch in der Schweiz wohnhafte Personen, die mit einem ausländischen Partner verheiratet waren.

Gemäss Experten könnte das langwierige Einbürgerungsverfahren in der Schweiz mit ein Grund für diese vergleichsweise hohe Rate sein. Denn viele, die in anderen Ländern wohl als «Einheimische» gelten, haben die Anforderungen für eine Einbürgerung noch nicht erreicht.

Und weil die Schweiz drei hauptsächliche Sprachregionen aufweist, ist es verbreitet, dass Schweizer auch jenseits der Landesgrenze Partner in Frankreich, Deutschland, Österreich oder Italien finden.

Lange Zeit war es so, dass mehr Ausländerinnen Schweizer heirateten als umgekehrt. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch ziemlich ausgeglichen. 2011 heirateten laut dem Bundesamt für Statistik 8104 Schweizer Männer Ausländerinnen und 6836 Schweizerinnen vermählten sich mit Ausländern.

Papierspur

Doch Martin Nyffenegger vom Bundesamt für Migration (BFM) betont, dass ein Beweis einer langjährigen und gegenseitigen Beziehung vorgelegt werden müsse, um einen Missbrauch des Systems zu verhindern.

Als Beispiel nennt er Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit Schweizer Touristen einlassen, nur um ein Visum zu erhalten: 2011 schätzten die Behörden des Kantons Zürich, dass 500 von 3500 Scheidungen von binationalen Paaren das Resultat von Scheinheiraten waren.

Laut den Eidgenössischen Migrationsbehörden ist es schwierig, nationale Statistiken über solche Heiratspraktiken zu führen, weil man sich nur auf Indizienbeweise wie etwa einen grossen Altersunterschied stützen könne, um Unstimmigkeiten festzustellen.

«Wenn es um Beziehungen geht, müssen wir anschauen, was für eine Beziehung das ist», sagt Nyffenegger. «Falls es eine langjährige Beziehung ist, sind wir mit dem Ausstellen von Visa recht generös. Uns ist auch klar, dass es für jemand aus einem fremden Kulturkreis wichtig ist, zu verstehen, wie das Leben in der Schweiz ist.»

Marcel Zufferey, der für die Migrationsbehörden arbeitete, erklärte gegenüber dem Tages-Anzeiger, er sehe die Dinge anders, seit er vor über zehn Jahren viele Klippen umschiffen musste, um seine philippinische Freundin heiraten zu können. Sie sind auch heute noch glücklich verheiratet.

«Im Beruf habe ich erlebt, wie der Staat bei der illegalen Immigration relativ hilflos agiert. Der Kontrast zu dem, was meine Frau und ich erlebt hatten, hätte kaum grösser sein können.»

An Lösungen arbeiten

Pierrette Malatesta, Beraterin bei der Fachstelle für die Beratung und Integration von Ausländerinnen und Ausländern (Fabia) in Luzern, ist der Meinung, für Paare mit gemischter Nationalität brauche es mehr Optionen, um zu verhindern, dass überstürzt geheiratet werde. So wäre es für sie ideal, wenn die Behörden beispielsweise zulassen würden, dass binationale Paare während einem Jahr unverheiratet zusammenleben könnten.

«Wir haben immer wieder Anfragen von Paaren, die zusammenleben möchten», sagt sie. «Wenn sie nicht aus der EU stammen, ist das praktisch unmöglich, doch ich denke, es wäre sehr gut, wenn diese Option angeboten würde. Natürlich gibt es Leute, die davon profitieren wollen, doch es gibt viele, die diese Option begrüssen würden.»

Ihr Büro habe eine gute Beziehung zu den Migrationsbehörden des Kantons Luzern aufgebaut, die immer ein offenes Ohr für ihre Bedenken und Fragen hätten. Sie habe auch an runden Tischen mit den Behörden teilgenommen, wo diskutiert werde, wie sicherzustellen sei, dass ausländische Frauen in der Schweiz nicht in missbräuchlichen Ehen festgehalten würden – eines der schlimmsten Probleme, die sie in gemischten Ehen beobachtet hat.

Lange betont, dass die Scheidungsrate bei kulturell gemischten Paaren nicht höher sei als unter Schweizer Paaren, wo eines von zwei sich scheiden lässt. Der Anfang der Beziehung sei der Schlüssel zum Erfolg. Sie trifft viele Paare, die kurz vor der Scheidung stehen und ihre Ehe vermutlich hätten retten können, hätten sie sich besser auf die kulturellen Anpassungen vorbereiten können.

«Niemand hat sie darauf aufmerksam gemacht, dass der Alltag ganz anders sein würde, als was sie sich gewohnt waren oder erwartet hatten. Und wenn sie das realisieren, ist es bereits zu spät.»

(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

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