Initianten sehen sich trotz klarem Nein als Sieger
(Keystone-SDA) Eine «echte Ohrfeige» oder ein «sagenhaftes Ergebnis»: Das deutliche Nein zur Initiative für ein bedingungslose Grundeinkommen beurteilen Initianten und Gegner ganz unterschiedlich.
Während das Thema für die Gegner nun beerdigt ist, war die Abstimmung aus Sicht der Befürworter nur ein Zwischenschritt.
Trotz des klaren Scheiterns ihres Begehrens zeigten sich die Initianten am Sonntag mehr als zufrieden mit dem Resultat. Immerhin jeder Fünfte habe zugestimmt, das sei ein «sagenhaftes» Ergebnis, sagte Mitinitiant Daniel Häni zur Nachrichtenagentur sda.
Häni verwies auf das grosse mediale Echo, das die Initiative auch im Ausland ausgelöst hatte. «Die Debatte ist lanciert.» Die Initianten hatten bereits im Vorfeld der Abstimmung betont, ihnen gehe es darum, eine Diskussion anzustossen.
Häni sieht das Abstimmungsergebnis denn auch als «Zwischenresultat». Bei grossen Themen wie der AHV und dem Frauenstimmrecht habe es ebenfalls mehrere Anläufe gebraucht. «Das Thema ist nicht vom Tisch», sagte er.
Auch Wirtschaftsprofessor Sergio Rossi, der sich für die Initiative eingesetzt hatte, nannte das Abstimmungsresultat einen Erfolg. Das Wichtige aber sei, dass die Bürger beginnen, über diese Idee nachzudenken – denn sie müsse «früher oder später umgesetzt werden», zeigte sich Rossi überzeugt.
Keine Experimente
Ganz anders sieht dies das überparteiliche Nein-Komitee. «Das Thema sollte jetzt gegessen sein», sagte der St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler. Der Walliser CVP-Nationalrat Yannick Buttet wertete das Resultat gar als «echte Ohrfeige» für die Initianten.
Aus Sicht der Gegner ist das Nein eine Absage an radikale Experimente und ein Votum für das Schweizer Sozialsystem. Als Hauptfaktor für das klare Nein sehen sie die Finanzierungsschwierigkeiten. Die von der Initiative aufgeworfenen Fragen seien legitim gewesen, die Lösung aber nicht realistisch, sagte Buttet.
Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) kritisierte, «die ganz wichtigen Fragen» seien unklar geblieben: die Finanzierung, die Höhe des Grundeinkommens und das Verhältnis zu den bestehenden Sozialversicherungen.
«Ich bin überzeugt, dass mit einer seriöseren Vorbereitung des Begehrens eine breitere Diskussion und eine breitere Akzeptanz erreicht würde», sagte sie. So aber sei sie «sehr froh» über das Nein zur Initiative, die auch ein Angriff auf die bestehenden Sozialversicherungen gewesen sei.
«Noch meilenweit entfernt»
Die Initiative habe auf Vorrat ein Problem lösen wollen, kritisierte Marcel Dobler. Die Digitalisierung könnte zwar in der Zukunft zu einer Verlagerung der Arbeitsstellen führen, gab er zu. «Davon sind wir aber noch meilenweit entfernt.» Es sei daher völlig der falsche Moment, das System total umzubauen.
Die Diskussion dürfte jedoch weitergehen: Wie Ralph Kundig, Gründungsmitglied der Kampagne «Bedingungsloses Grundeinkommen Schweiz», auf Anfrage sagte, haben mehrere Parteien bereits Sitzungen zu dem Thema geplant. Die Grünen, die als einzige grosse Partei die Ja-Parole gefasst hatten, kündigten noch am Sonntag an, sich weiterhin für die Anliegen der Initiative einzusetzen.