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Elsässer Kunstdieb vor Gericht

Ein kleiner Ausschnitt aus Breitwiesers "Sammlung". Keystone Archive

Das Strafgericht Greyerz im Kanton Freiburg prozessiert gegen Stéphane Breitwieser begonnen, der in 7 europäischen Ländern insgesamt 239 Kunstgegenstände gestohlen hat.

Der 32-Jährige muss zuerst einmal für seine 69 in der Schweiz verübten Taten gerade stehen.

Sieben Jahre lang, von 1995 bis Ende 2001, hielt der Kunstdieb Stéphane Breitwieser Kunstmuseen, Galerien und Kirchen in Atem: In Frankreich, Belgien, Deutschland, Holland, Dänemark, Österreich und der Schweiz beging er insgesamt 174 Diebstähle und erbeutete 239 Kunstobjekte im Wert von mehr als einer Million Franken.

Der Fall Breitwieser zeigte die ungenügenden Sicherheits-Massnahmen in vielen europäischen Galerien und Museen auf. Hans Furer, Sekretär des Verbandes der Schweizer Galerien, erklärte gegenüber swissinfo, dass sich viele die Kosten gar nicht leisten könnten, um Kunstobjekte adäquat zu schützen.

«Sicherheit ist enorm teuer. Und viele Museen haben genug Probleme damit, Geld für Ausstellungen zu finden.» Besonders schwierig sei es für kleinere Institutionen mit eng begrenzten finanziellen Ressourcen, so Furer.

Erster Kunstraub in der Schweiz

Stéphane Breitwieser wurde im November 2001 nach einem Diebstahl aus dem Richard-Wagner-Museum in Luzern verhaftet. Weil er seinen ersten Kunstraub in der Schweiz im Schloss Greyerz verübt hatte, wurde er im Juli 2002 an die Freiburger Justiz überstellt, welche ihn jetzt in Bulle für seine Diebstähle in der Schweiz aburteilt.

69 seiner Diebstähle verübte er in 16 Schweizer Kantonen.

Nach Verbüssung der Strafe in der Schweiz wird der geständige Breitwieser an Frankreich ausgeliefert werden. Dort erwartet ihn ein zweiter Prozess wegen jenen Delikten, die er in den anderen Ländern beging.

«Small is beautiful»

Breitwieser hat viel gestohlen, aber nie beliebig und nie mit dem Ziel, Gewinn zu machen. Die Stücke, die er davontrug, sind schön und von kleinem Format. Von der Sorte, die man in einen kleinen Rucksack stecken kann oder unter den Mantel.

Er operierte diskret, zu den Öffnungszeiten, manchmal nahm er sein Taschenmesser zu Hilfe. Er gehört nicht zu der Sorte Räuber, die sich gewaltsam Zugriff verschaffen und dabei Schaden anrichten.

Als Motiv für sein Tun, an dem teilweise auch seine Freundin beteiligt war, nannte der Angeklagte bereits im Verlauf der Untersuchungen seine ausgeprägte Freude an der Kunst.

Privatkollektion in Pavillon

Unweit von Mülhausen (Frankreich) hatte sich Breitwieser in einem Pavillon, den er mit seiner Mutter teilte, ein sehr privates Museum eingerichtet. Er informierte sich über die Stücke «seiner» Kollektion, rannte in Bibliotheken, wandte sich auch schon mal an einen Spezialisten.

Manchmal restaurierte er Objekte oder liess sie restaurieren. Beispielsweise zahlte er einem Uhrmacher 1500 Franken für die Reparatur von Uhren aus einem Aargauer Museum.

Seine Mutter hatte einen grossen Teil der Beute verschwinden lassen, als sie von seiner Verhaftung in der Schweiz erfahren hatte. Sie warf Gemälde in den Abfall und Objekte in den Rhein-Rhone-Kanal. Rund 100 dieser weggeworfenen Werke konnten wieder gefunden werden.

Kindliches Schlüsselerlebnis

Diese Zerstörung machte Breitwieser «unglücklich». Ein anderes, sehr viel älteres Drama erklärt vielleicht seine Motivation für die Jagd nach Kunstobjekten. Als Kind badete er in der Welt der Antiquitäten, sein Vater hatte zahlreiche Objekte geerbt.

Nachdem sich sein Vater von seiner Mutter scheiden liess, nahm er eine Sammlung antiker Waffen mit und verweigerte sich dem Wunsch seines Sprösslings, ihm einen Teil dieser Sammlung zu überlassen. In diesem Moment soll es «Klick» gemacht haben, so Breitwieser.

Vor dem Prozess im freiburgerischen Bulle beziffert Breitwieser selbst den Wert der in der Schweiz geraubten Objekte auf eine Million Franken. Gemäss den Forderungen der geschädigten Personen und Institutionen beläuft sich der Wert auf 1,6 Millionen.

swissinfo und Agenturen

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