
Aeroflot-Affäre: Schweizer Treuhänder im Visier

Im Zusammenhang mit der so genannten Aeroflot-Affäre kam es am Mittwoch zu Haus-Durchsuchungen in der Schweiz.
In einer Grossaktion wurden zahlreiche Dokumente beschlagnahmt, jedoch keine Verhaftungen vorgenommen.
Die Affäre um die Veruntreuung von Geldern der russischen Fluggesellschaft Aeroflot zieht weitere Kreise. Vor drei Wochen war im selben Zusammenhang in London der russische Multimillionär Boris Beresowski festgenommen worden.
Schweizer unter Verdacht
Am Mittwoch haben Bundesanwaltschaft (BA) und Bundeskriminalpolizei (BKP) zahlreiche Hausdurchsuchungen in den Kantonen Bern, Genf und Waadt durchgeführt und dabei Dokumente beschlagnahmt.
Laut Hansjürg Wiedmer, BA-Informationschef, steht ein Schweizer Treuhänder und Finanzberater mit Wohnsitz in Zypern unter Geldwäscherei-Verdacht.
Er soll Geschäftsstrukturen und wirtschaftliche Verbindungen in der Schweiz aufgebaut haben. Diese hätten es mehreren in Russland unter Anklage stehenden Personen erlaubt, sich zum Schaden der Fluggesellschaft Aeroflot zu bereichern. Es gehe um eine Summe in dreistelliger Millionenhöhe.
«Es waren Schweizer Firmen involviert in den ‹Aeroflot-Skandal'», sagte Wiedmer gegenüber swissinfo. «Im Rahmen der Rechtshilfe seit 1999 haben wir Verdachtsmomente gefunden, dass der Treuhänder, der an diesen Firmen beteiligt war, an der kriminellen Absicht der Gesellschaften beteiligt gewesen sein könnte.» Gelder seien aus Russland in Schweizer Finanzgesellschaften und auch wieder zurück geflossen. An wen diese Gelder gingen, sei teilweise unklar gewesen.
Rechtshilfe an Russland und Frankreich
Die Aktion erfolgte im Rahmen eines bereits seit Frühjahr 2002 laufenden Ermittlungsverfahrens, das auf einer Rechtshilfe-Zusammenarbeit mit den russischen Justizbehörden basiert.
Gleichzeitig wurde ein Rechtshilfegesuch in derselben Sache ermittelnden französischen Justiz ausgeführt. «Die Schweizer Firmen haben für die Firma Aeroflot Gelder entgegengenommen und verwaltet. Sie haben diese auch zurück transferiert», erklärt Wiedmer. «Durch die Rechtshilfe mit Frankreich haben wir Hinweise erhalten, dass Gelder aus diesen Finanzströmen gewaschen wurden.»
Koordination auch mit Zypern
Vorgängig war das Vorgehen, neben jenen mit Frankreich, auch mit Zypern koordiniert worden, wo am Mittwoch zeitgleich mehrere Hausdurchsuchungen stattfanden.
Die im «Aeroflot»-Komplex ebenfalls ermittelnde russische Generalstaats-Anwaltschaft, mit der in diesem Verfahren eine intensive Zusammenarbeit besteht, ist über das Vorgehen der Schweizer Strafverfolgungs-Behörden vorgängig informiert worden.
Kampf gegen das organisierte Verbrechen
Mit dem Einsatz von über sechzig Polizisten und Ermittlern aus Bund und Kantonen stellt die aufwändige Aktion einen vorläufigen Höhepunkt der Ermittlungen der Strafverfolgungs-Behörden des Bundes dar.
Ziel ist die Aufklärung und strafrechtliche Verfolgung möglicher Verbindungen des organisierten Verbrechens Russlands in die Schweiz, namentlich bei Geldwäscherei.
Alte Geschichte
Seit 1999 leistet die BA in diesem Zusammenhang Russland Rechtshilfe. Schon damals hatte die BA mehrere Firmensitze durchsucht, Konten blockiert, Geschäftsunterlagen beschlagnahmt und diese der russischen Generalstaatsanwaltschaft übermittelt.
Aufgrund ihrer Analyse der Dokumente, welche aus der Schweiz an die russische Justiz gingen, hatte die BA im Frühjahr 2002 ein eigenes Ermittlungsverfahren eröffnet.
In der Schweiz wurden im Zusammenhang mit der Aeroflot-Affäre rund 90 Mio. Franken eingefroren. In die Angelegenheit verwickelt ist auch der russische Multimillionär Boris Beresowski. Er war vor drei Wochen aufgrund eines internationalen Haftbefehls in London festgenommen worden.
swissinfo und Agenturen
Im Zusammenhang mit der Aeroflot-Affäre flossen laut Bundesantwaltschaft russische Gelder in Schweizer Finanz-Gesellschaften und wieder zurück. Die Berechtigten dieser Gelder seien unklar gewesen.
Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat nun laut Wiedmer Anklage erhoben wegen Betruges.
Die BA leistet dabei Rechtshilfe und hat gleichzeitig ein eigenes Verfahren eröffnet.

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