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Hornkühe verpassen Sprung in die Verfassung

Armin Capaul mit Zigarette vor einem Abstimmungsplakat
Armin Capaul, Initiant der Hornkuh-Initiative, die an der Urne abgelehnt wurde. © KEYSTONE / LAURENT GILLIERON

Keine finanzielle Unterstützung für Schweizer Kühe mit Hörnern: Das Stimmvolk lehnt die Hornkuh-Initiative mit 54,7% Nein-Stimmen ab. Diese scheitert auch am Ständemehr.

20 Kantone lehnen die Initiative ab, lediglich 6 stimmen zu. 

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In der Schweiz haben heute rund drei Viertel der Kühe keine Hörner. Grund: So brauchen die Tiere weniger Platz im Stall, und die Verletzungsgefahr sinkt.

Es gibt zwei Möglichkeiten, Kühe ohne Hörner zu halten: Entweder man züchtet sie, oder man enthornt die Jungtiere kurz nach der Geburt. Dazu werden die Hornknospen, wo die Hörner später wachsen würden, unter lokaler Betäubung ausgebrannt.

Soll ein Wesensmerkmal der Kuh erhalten bleiben oder die Verletzungsgefahr vermindert werden? Die Volksinitiative “Für die Würde der landwirtschaftlichen NutztiereExterner Link” (Hornkuh-Initiative) forderte die Einführung von Subventionen in der Verfassung für Züchter, die ihren Kühen die Hörner nicht entfernen lassen.

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Urheber der Initiative ist Armin Capaul, ein Bergbauer aus dem Kanton Graubünden, der im Berner Jura lebt. 

Er will die Niederlage an der Urne nicht auf sich sitzen lassen. “Die Interessengemeinschaft Hornkuh bleibt bestehen, und wir werden demnächst miteinander besprechen, was wir weiter machen können”, sagte er gegenüber Schweizer Radio SRF.

“Es ist eine Initiative für Kühe und Ziegen gewesen. Wenn das Volk da Nein stimmt, enthornt es das Nationaltier der Schweiz. “Das müssen sie dann der ganzen Welt erklären.”

Die Enthornung sei ein schwerer und schmerzhafter Eingriff.

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“Châpeau!” vor Initiant

Aus seinem letzten Abstimmungskampf geht Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann als Sieger hervor. Für ihn ist die Ablehnung der Hornkuh-Initiative eine Bestätigung der heutigen Landwirtschaftspolitik.

Die Mehrheit der Bevölkerung sei der Meinung, dass eine Verfassungsbestimmung zu den Hörnern unnötig und sogar kontraproduktiv sei, sagte er vor den Bundeshausmedien. Die Agrarpolitik erfülle bereits weitgehend die Erwartungen an das Tierwohl. Landwirte sollten auch nicht mit Anreizen in eine weniger zeitgemässe Richtung getrieben werden.

Eine Absage an horntragende Kühe und Ziegen sei es aber nicht, sagte Schneider-Ammann an die Adresse des Initianten: “Armin Capaul hat uns gezeigt, dass man in unserem Land praktisch im Alleingang eine Initiative lancieren und zur Abstimmung bringen kann. Châpeau!”

“Unverhältnismässige Forderung”

Die Freude unter den Gewinnern der Abstimmung über die Hornkuh-Initiative ist eher verhalten. BDP-Nationalrat Lorenz Hess würdigte im Schweizer Fernsehen SRF das Engagement des Einzelinitianten Armin Capaul. Letztlich sei dessen Forderung aber doch unverhältnismässig gewesen. 

Damit meint Hess die Forderung, das Anliegen gleich in die Verfassung schreiben zu wollen.

Die Diskussion um die Hornkuh-Initiative habe bei der Bauernschaft wohl kaum tiefe Gräben aufgerissen, sagt Christine Bühler, Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands. Wer horntragende Kühe halte, könne dies nach wie vor tun. Zudem würden solche Anliegen in der Agrarpolitik 22+ sicher weiterdiskutiert. Ein Verfassungsartikel wäre nach ihren Worten aber übertrieben gewesen. «Unsere Kühe sind enthornt, damit sie sich im Freilaufstall 24 Stunden am Tag frei bewegen können.»

Bühler ist überzeugt, dass es auch noch in 20 Jahren Kühe mit Hörnern geben wird und verweist auf die Eringer-Rasse.

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Geht es den Kühen ohne Hörner besser? Vor der Abstimmung über die sogenannte Hornkuh-Initiative sind die Meinungen unter Bauern geteilt.

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Auch bei Bauern umstritten 

Unter den Bauern selbst waren die Meinungen geteilt. Der Schweizerische Bauernverband fasste keine Abstimmungsparole. Der Westschweizer Bauernverband AGORA forderte die Ablehnung der Vorlage, die Kleinbauern-Vereinigung und Bio Suisse empfahlen die Annahme.

Bundesrat und Parlament lehnten die Initiative ab. Grüne und Sozialdemokraten unterstützten das Anliegen.

Die Gegner wiesen auf das Risiko von Verletzungen von Tieren mit Hörnern hin. Und sie machten die freie Wahl der Landwirte geltend.

Diese wäre allerdings gar nicht tangiert worden. Die Initiativer schlug vor, dass der Bund die Tierhalter finanziell unterstützt, “sofern die erwachsenen Tiere Hörner tragen”. 

Das Agrarbudget – es beträgt insgesamt drei Mrd. Franken – hätte für den Hörnerbeitrag nicht erhöht werden sollen. Die 15 bis 30 Millionen Franken für die Umsetzung hätten andernorts eingespart werden müssen.

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