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Die Täuferbewegung auf den Spuren ihrer Schweizer Wurzeln

Frauen mit weissen Hauben und Männer mit Hosenträgern stehen an einem Fluss
Mitglieder der Täufer- oder Mennonitenbewegung besuchen Zürich – die Wiege ihrer Bewegung. taeufer-willkommen.ch

Ende Mai versammelten sich rund 3500 Mennonitinnen und Mennoniten in Zürich. Ziel des Treffens war, das 500-jährige Bestehen dieser protestantischen religiösen Bewegung zu feiern, die an der Limmat entstanden ist und sich über die ganze Welt ausgebreitet hat.

Selbst für eine kosmopolitische Stadt wie Zürich bot sich am 29. Mai ein recht ungewöhnliches Bild: Die Strassen waren gefüllt mit Menschen aus aller Welt, die zu einem religiösen Ereignis gekommen waren.

2025 feiert nicht nur der Katholizismus ein Heiliges Jahr. Auch die Täufer- oder Mennonitenbewegung hat dieses Jahr Grund zu feiern.

Anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Gründung dieser Strömung des Protestantismus fand in Zürich auf Einladung der Mennonitischen WeltkonferenzExterner Link ein Treffen mit dem Titel «Mut zur Liebe – 500 Jahre TäuferbewegungExterner Link» statt. Im Lauf des Jahres sind weitere Veranstaltungen in der Schweiz und im Ausland geplant.

Ein Plakat mit einer Kirche und Beschriftung "500 years of the Anabaptist movement - The courage to love"
Das offizielle Plakat zum Jubiläum. Konferenz der Mennoniten der Schweiz

Der «linke Flügel» des Protestantismus

Verschiedene Enzyklopädien geben an, dass die Täuferbewegung im Jahr 1540 durch den niederländischen Reformator Menno Simons gegründet wurde, woher der Name Mennoniten stammt. Warum aber sollte man 2025 in Zürich das halbe Jahrtausend feiern?

Die Erklärung ist einfach. Die Mennoniten gehören zur Familie der Täufer, zu der auch die berühmten Amischen in den USA zählen. Und der Ursprung des Täufertums liegt in Zürich.

Einige Fachleute führen die Gründung des Täufertums sogar auf ein bestimmtes Ereignis zurück: die erste Erwachsenentaufe durch eine Gruppe ehemaliger Anhänger des Reformators Huldrych Zwingli im Haus von Felix Manz in Zollikon am 21. Januar 1525.

Die Täuferbewegung steht in der Tradition der protestantischen Reformation des 16. Jahrhunderts. Diese Strömung wollte weitergehen als die Reformatoren Luther, Zwingli oder Calvin, um durch eine «radikale Reformation» das ursprüngliche Christentum wiederzufinden.

Das Täufertum zeichnet sich durch drei Hauptmerkmale aus. Erstens wird man erst nach einem Bekehrungsprozess gläubig. Dies erklärt, warum der Erwachsenentaufe mehr Bedeutung beigemessen wird als der herkömmlichen Säuglingstaufe, die sie nicht anerkennen.

Zweitens lehnen die Täuferinnen und Täufer jegliche Einmischung des Staats in die Angelegenheiten der Kirche ab. Schliesslich lehnen sie es auch ab, Gewalt auszuüben, Waffen zu tragen oder einen Eid zu schwören.

Zu diesen religiösen Erwägungen kam damals auch ein eher politischer und sozialer Diskurs hinzu, der sich besonders für die Bäuerinnen und Bauern einsetzte, die den Fürsten oder den Städten unterworfen waren. Das Täufertum wird manchmal auch als «linker Flügel» des Protestantismus bezeichnet.

Ins Exil…im besten Fall

Die Täuferinnen und Täufer gewannen durch ihre Stellungnahmen nicht nur eine grosse Anhängerschaft, sondern schufen sich auch starke Feindschaften.

«Durch die radikale Kritik der Täufer an der religiös-sozialen Situation ihrer Zeit sowie vor allem an der in ihren Augen unheilvollen Allianz von Kirche und Obrigkeit zogen sie rasch den Zorn der Mächtigen auf sich», hält das Historische Lexikon der Schweiz festExterner Link.

Diese Feindseligkeit der Behörden zwang die Anabaptisten, wie die Täufer auch genannt werden, immer wieder ins Exil. Sie flüchteten in abgelegene Regionen, wo sie unauffällig lebten, namentlich im Emmental und im Berner Oberland.

Im französischsprachigen Teil des Landes wurden sie vom Fürstbischof von Basel im heutigen Berner Jura aufgenommen und geduldet – allerdings nur in Höhenlagen von über 1000 Metern und oberhalb der Dörfer.

Manchmal war die Unterdrückung jedoch viel härter, vor allem in den Kantonen Bern und Zürich, wo Täuferinnen und Täufer auf den Scheiterhaufen geschickt, geköpft oder ertränkt wurden.

Eine weltweite Bewegung

Die Politik der Unterdrückung in der Schweiz und in anderen Teilen des Heiligen Römischen Reichs zwangen die Täuferinnen und Täufer dazu, in immer weiter entfernte Gebiete zu fliehen – bis hin zum amerikanischen Kontinent und ins zaristische Russland. Dies trug zur Verbreitung der Bewegung bei.

In jüngerer Zeit hat sich die mennonitische Bewegung vor allem durch Missionstätigkeit verbreitet. Laut den jüngsten Statistiken der Mennonitischen WeltkonferenzExterner Link mit Sitz in Kanada zählt die täuferische Geistesfamilie nun 2,13 Millionen getaufte Gläubige in 86 Ländern, hauptsächlich in Afrika (36,43%) und Nordamerika (30,50%).

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Die Schweiz als Ort der Erinnerung

Laut den gleichen Statistiken zählt die Schweiz 1900 getaufte Mitglieder (0,09% der weltweiten Mitgliedschaft), die in 13 Kongregationen leben. Eine recht bescheidene Mitgliederzahl.

Geografisch gesehen leben die Schweizer Täuferinnen und Täufer hauptsächlich im Kanton Bern, in zwei Gebieten, die ihnen früher als Zufluchtsort dienten: im Emmental und im Berner Jura, der heute auch Grand Chasseral genannt wird.

Trotz der geringen Anzahl an Mennonitinnen und Mennoniten nimmt die Schweiz als Ort der Erinnerung einen besonderen Platz ein, wie das Jubiläum zeigt.

Die RTS-Sendung «Mise au point» vom 8. Juni 2025 begleitete ein amerikanisches Mennonitenpaar und eine jurassische Familie auf ihrer Pilgerreise durch die Täuferschweiz (auf Französisch):

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Zu den symbolträchtigsten Orten in der Schweiz gehört eine Gedenktafel in Zürich, die auf jene Stelle hinweist, an der Felix Manz am 5. Januar 1527 durch den Scharfrichter in der eiskalten Limmat ertränkt wurde. Er gilt als erster täuferischer Märtyrer.

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Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Zeno Zoccatelli

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Editiert von Samuel Jaberg, Übertragung aus dem Französischen mithilfe von Deepl: Christian Raaflaub

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