
Videoarchiv in Zürich dokumentiert Jugendbewegungen der 1980-er Jahre
Das Videoarchiv 'Stadt in Bewegung' im Schweizerischen Sozialarchiv in Zürich bietet mit seinen 111 Videos über die Zürcher, Berner und Basler Jugendbewegungen der 1980-er Jahre ein Forum zur Selbstreflexion und Recherche.
Das Videoarchiv ‹Stadt in Bewegung› bietet ein Forum zur Selbstreflexion und Recherche. 111 Videos über die Zürcher, Berner und Basler Jugendbewegungen der 1980-er Jahre können neu im Schweizerischen Sozialarchiv in Zürich angeschaut und grösstenteils auch ausgeliehen werden.
Für die 1906 gegründete öffentliche Bibliothek ist der neue Bestand ‹ein Glücksfall›, wie die Vorsteherin Anita Ulrich erklärt. Tatsächlich passt er ausgesprochen gut in das Archiv, das schwerpunktmässig soziale Bewegungen dokumentiert, wobei Jugendbewegungen prominent vertreten sind.
Zur Jugendbewegung der achtziger Jahre, die unter anderem mit dem Schlachtruf ‹Wir wollen alles, und zwar subito!› Geschichte geschrieben hat, besitzt die Bibliothek – so Archivar Urs Kälin – gar die vielfältigste und umfangreichste Sammlung der Schweiz.
Die Idee, die Videobänder vor dem Zerfall zu retten und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hatte Heinz Nigg. Der Zürcher Videoschaffende und Vermittler von Medienkunst sicherte sich 1997 den Auftrag von Memoriav, dem 1995 gegründeten Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes.
Die Gesamtsicht auf die Videobänder der 80-er Bewegung erlaube heute eine Neuinterpretation aus zeitlicher Distanz. Die Generation der ‹Bewegten› erhalte damit ein Forum zur kritischen Selbstreflexion und die heutige Jugend einen Ort der Recherche, erklärt Nigg im neuesten Memoriav-‹Bulletin› den Sinn des Unternehmens.
Dass sich Nigg engagiert um die Videobänder kümmert, hat auch einen autobiografischen Grund: Er gehörte zu den Aktivisten. Unter anderem drehte er mit am Video ‹Opernhaus-Krawal›. Dieser Film von Ethnologiestudie- renden dokumentiert den Auftakt der ‹Zürcher Unruhen›: die Demonstration vom 30. Mai 1980 vor dem Opernhaus Zürich.
Higlights sind auch die Filme von Samir, der mittlerweile international arriviert ist. Sie sind auch schönste Beweise der Unkonventionalität und Kreativität, wie sie die Jugendbewegungen verkörperten.
Der Schwerpunkt des Archivs liegt bei den ‹Bewegungsvideos› der achtziger Jahre mit ihren Forderungen nach Räumen für eine ‹alternative›, selbstbestimmte Kultur. Fäden lassen sich jedoch bis in die jüngere Zeit verfolgen: Im Kunstvideo ‹Barcelette› (1994) von Reno Sami fliegt ein zeitgenössischer Münchhausen auf seinem Klo durch die besetzte Kulturfabrik Wohlgroth in Zürich.
SRI und Agenturen

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