Klimawandel: Wo steht die Forschung zum Permafrost in der Schweiz?

Als Permafrost bezeichnet man eine Schicht aus Eis, Gestein und Erde, welche die eisigen Landschaften auf der Nordhalbkugel zusammenhält. Dieser verborgene, gefrorene Kitt beginnt sich von den Alpen bis zur Arktis langsam zu erwärmen – ein Prozess, der den Klimawandel beschleunigen könnte. Wo steht die Permafrostforschung in der Schweiz und andernorts?
Was ist Permafrost?
Permafrost, auch Dauerfrostboden genannt, ist Boden aus Gestein, Schutt oder Moränenmaterial, das durch Eis gebunden ist und sich nie auf mehr als 0°C erwärmt.
Er bedeckt ca. 11% der Landmasse der Erde und findet sich in allen Polar- und Hochgebirgsregionen der Welt, primär auf der nördlichen Hemisphäre in den arktischen und hocharktischen Regionen Kanadas und Russlands.

Auch in den Alpen gibt es Permafrost. Er bedeckt ca. 3–5 % der Fläche der Schweiz und ist in Geröllhalden und Felswänden in Höhen über 2600 m zu finden. Er ist meist unsichtbar, da er unter der Oberfläche liegt.
Die Temperatur des Dauerfrostbodens ist ein bedeutender Klimaindikator. Er nimmt Einfluss darauf, wie sich eine Landschaft entwickelt, auf den Bau von Berginfrastrukturen und die Stabilität von Hängen.
Bei wärmerem Wetter taut die oberste Schicht des Permafrosts auf. Sie wird als «Auftauschicht» bezeichnet, darunter liegt der so genannte «Permafrostkörper».
In den Schweizer Alpen variiert die Dicke dieses stets gefrorenen Körpers von einigen Dutzend Metern bis zu mehreren Hundert Metern bei den höchsten Gipfeln. In den kältesten Zonen der Polarregion kann die Permafrostschicht bis zu 1,7 km tief hinunterreichen.

Wie stark taut der Permafrost in der Schweiz und andernorts in der Welt auf?
Eine im vergangenen Dezember in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte internationale StudieExterner Link unter der Leitung der Schweizer Wissenschaftlerin Jeannette Nötzli zeigt, dass die Permafrosttemperaturen in den europäischen Bergregionen stärker und schneller steigen als je zuvor.
Das Forschungsteam sammelte und analysierte Messdaten aus neun europäischen Ländern, von Spitzbergen am Polarkreis bis zu den Alpen und der Sierra Nevada in Südspanien.
Ihre Ergebnisse zeigen unmissverständlich, dass sich der Gebirgspermafrost in ganz Europa erwärmt. In den letzten zehn Jahren ist die Temperatur in zehn Metern Tiefe an manchen Orten um mehr als 1°C gestiegen.
«Die Erwärmung des Permafrosts in den Bergen ist signifikant», sagt Nötzli, die am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos forscht. «Und sie ist in allen Regionen, Tiefen und Zeiträumen zu beobachten, die wir untersucht haben.»
Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie zeigt, dass der Temperaturanstieg des Permafrosts in den Gebirgsregionen Europas mit demjenigen in der Arktis vergleichbar ist. Die stärkste Erwärmung wurde an den am höchsten gelegenen und nördlichsten Standorten gemessen.
Die Forschenden konnten zudem ermitteln, dass sich die Erwärmung deutlich verlangsamt und fast zum Stillstand kommt, wenn die Temperaturen im eisreichen Permafrost allmählich 0°C erreichen, weil zum Schmelzen des Eises im Untergrund Energie benötigt wird. Sobald das Eis im Permafrostboden jedoch geschmolzen ist, steigen die Temperaturen wieder an.

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Die Forschenden gehen davon aus, dass sich das Auftauen des Dauerfrostbodens insgesamt weiter fortsetzen wird. «Dies zeigt sich auch daran, dass die Erwärmung in zehn Metern Tiefe stärker ist als in tieferen Schichten», sagt Nötzli. Die Wissenschaftler:innen warnen, dass die beobachtete Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten weiter in die Tiefe vordringen wird.
Der Trend zur Erwärmung des PermafrostsExterner Link in den Schweizer Alpen ist unübersehbar. Das Schweizer Permafrostmessnetz Permos hat die Entwicklung an 30 Standorten über die letzten 20 Jahre beobachtet.
Die Messungen zeigen ein besorgniserregendes Bild: Die Temperaturen des Dauerfrostbodens haben an vielen Standorten in grosser Höhe Rekordwerte erreicht, ebenso die Dicke der Auftauschicht und die Geschwindigkeit der Blockgletscher. In der Schweiz gibt es «Keine Erholung für den Permafrost in der Schweiz»Externer Link, wie Permos im vergangenen Juni in einer Medienmitteilung festhielt.
Editiert von Veronica De Vore, Übertragung aus dem Englischen: Lorenz Mohler

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