
Basel zeigt René Burri im Doppelpack

Er hat die ganze Welt bereist und viele Prominente getroffen. Jetzt macht er Halt in Basel: Der Schweizer Magnum-Fotograf René Burri.
In zwei Ausstellungen sind Bilder von Architekten und Architektur sowie Fotografien von Jean Tinguely & Co zu sehen.
René Burri, 71-jährig, ist mit seinem Bild des jungen Che weltberühmt geworden. Der weit gereiste Künstler porträtierte aber auch viele andere berühmte Persönlichkeiten und Künstler des 20. Jahrhunderts. So auch Jean Tinguely, den 1991 verstorbenen Meister der Bewegungskunst, der mit seinen monströsen, lärmenden Maschinen aus Schrott auch heute noch fasziniert.
Der Alltag der Künstler
Im Zentrum der Ausstellung im Tinguely Museum in Basel steht Jean Tinguely und sein Schaffen. Indem Burri die Legenden zu den rund 90 schwarz-weissen und farbigen Fotos von Jean Tinguely & Co selber auf die Museumswand kritzelte, verlieh er der Hommage an den Basler Künstlerfreund eine sehr persönliche Note.
Die vom Fotoreporter selber konzipierte Ausstellung zeigt Tinguely und seine Künstlerkollegen Yves Klein, Bernhard Luginbühl, Daniel Spoerri und Niki de Saint Phalle bei der Arbeit, am Schweissen und Werken und der Vorbereitung von Ausstellungen.
Ob lebensgrosse Farb-Porträts oder kleinformatige Schwarz-Weiss-Bilder – sie alle strotzen vor Lebendigkeit, haben nichts Künstliches oder Gestelltes an sich, sondern verblüffen durch ihre Spontaneität: Ob im Garten des Zyklopen in Milly-la-Forêt bei Paris oder im Palazzo Grassi in Venedig – Burri war dabei und seine Kamera auch. Er setzte sie im Vorbeigehen ein und gab so den Alltag des Künstlerlebens wider.
Der Blick des Künstlers auf den Künstler
Im Ausstellungsraum sind auch kleinformatige Objekte Tinguelys aufgebaut, die sich per Knopfdruck in Bewegung setzen lassen. Mal scheppert und lärmt das Gebilde, mal dreht es sich nur – begleitet von einem Film, der an der Wand flimmert. Ein Film, den Burri 1972 gedreht hatte und den Eisenplastiker Tinguely bei der Vorbereitung einer Retrospektive zeigt.
René Burri, feinfühliger Beobachter mit wachem Auge, geht bei der Schau fast vergessen. Man denkt nur noch an den quirligen und vitalen Tinguely mit seinen rostigen Maschinen. Kein Wunder eigentlich, befindet man sich doch im Tinguely Museum und betrachtet das Werk des Künstlers –abgelichtet von einem Künstler-Freund, der ihm diese Hommage widmet.
Mensch und Architektur
Die zweite Burri-Schau im Ausstellungsraum Klingental trägt den Titel «Utopia» und befasst sich mit wichtigen Architektur-Phänomenen der 50er-, 60er- und 70er-Jahre.
Burri, der sich immer nach der Fremde und einem weiten Horizont sehnte, interessierte sich schon in jungen Jahren für visionäre Architektur. Seine Bilder befassen sich etwa mit Le Corbusier, Architekt und Städteplaner aus La-Chaux-de-Fonds, oder Oscar Niemeyer, dem Schöpfer des modernen Brasilia.
Die Fotos, die in dieser Parallel-Ausstellung zu bestaunen sind, bilden nicht einfach die Realität ab, sondern bringen diese in eine poetische Form. Dem Fotokünstler gelingt es mit seinem Blick aufs Detail, Aktualität und unverschnörkelte Ästhetik zu verbinden.
Kontraste in Utopia
1955 dokumentierte er die Fertigstellung der berühmten Wallfahrtskapelle Ronchamp von Le Corbusier, den er bewunderte und in Paris kennengelernt hatte. Seine Aufnahmen zeichnen sich durch Kontraste aus: hell und dunkel, statisch und beweglich. Doch für Burri existiert immer auch der Mensch. In seinen Bildern funktioniert die Architektur nie ohne den Menschen – und der Mensch nicht ohne Architektur.
Seine Dokumentation des Baus der Modellstadt Brasilia von 1960 zeigt auch immer wieder Menschen: die Erbauer, die Planer, die Bewohner oder den Arbeiter, der seiner Familie die neue Stadt zeigt.
Burri, ein Fotokünstler, der die Nähe zum Individuum sucht, den Blick für das Grössere und die allgemeine Zusammenhänge, ob politischer oder sozialer Art, aber nie aus den Augen verliert.
swissinfo, Gaby Ochsenbein, Basel
René Burri wurde 1933 in Zürich geboren.
In den 50er-Jahren wurde er durch seine Fotoreportagen bekannt.
1959 wurde er Vollmitglied der Fotoagentur Magnum.
Seine Portäts von Picasso, Che Guevara, Maria Callas oder Le Corbusier verhalfen ihm zu Weltruhm.
«Fotografien von Jean Tinguely & Co» im Museum Tinguely ist bis am 22. Mai 2005 zu sehen.
«Utopia» im Ausstellungsraum Klingental bis zum 6. März 2005.

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