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Mehr als tausend Demonstranten gegen tunesische Übergangsregierung

(Keystone-SDA) Mehr als tausend Menschen haben in Tunesiens Hauptstadt Tunis gegen die neue Übergangsregierung des vorläufigen Ministerpräsidenten Mohammed Ghannouchi protestiert. In Sprechchören forderten die Demonstranten «ein neues Parlament, eine neue Verfassung und eine neue Republik», wie ein AFP-Reporter am Mittwoch berichtete.

Von Sicherheitskräften eingekreist riefen die Demonstranten zum «Aufstand» gegen Vertraute des gestürzten Staatschefs Zine Al Abidine Ben Ali in der neuen Regierungsmannschaft auf.

Auf einem Spruchband stand zu lesen, dass der Finanzminister ein Freund der Familie von Ben Alis Ehefrau sei. Auf einem anderen Banner wurden Mitglieder der Regierungspartei RCD zum Verlassen des Kabinetts aufgefordert.

Die Demonstranten riefen den Polizisten zu, diese sollten sich an der «Revolte» beteiligen, weil sie auch «Opfer» seien. Ein Polizist sagte AFP, die Sicherheitskräfte hätten die Anweisung, die Menge zu stoppen, seien aber gleichzeitig angehalten, kein Tränengas einzusetzen. Die Menschen dürften vor der RCD-Zentrale, nicht aber vor dem Innenministerium demonstrieren.

Trotz der anhaltenden Proteste verkürzte die Regierung die nächtliche Ausgangssperre um zwei Stunden. Die Entscheidung sei «unter Berücksichtigung der verbesserten Sicherheitslage» getroffen worden und ab sofort gültig, hiess es im tunesischen Fernsehen.

Alle anderen Notstandsmassnahmen blieben in Kraft, hiess es weiter. Demnach sind unangemeldete Versammlungen weiterhin verboten. Ausserdem haben Sicherheitskräfte das Recht, auf Menschen zu schiessen, die sich ihrer Kontrolle entziehen wollen.

Schwierige Regierungsbildung

In den vergangenen Tagen hatte es in verschiedenen Städten Tunesiens immer wieder Demonstrationen gegen die politische Entwicklung gegeben. Die Übergangsregierung geriet am Dienstag nur einen Tag nach ihrer Bildung in schwere Turbulenzen.

Die drei Gewerkschaftsvertreter im Kabinett erklärten ihren Rücktritt, ein Oppositionsführer setzte seine Mitarbeit aus. Bei den Protesten gegen Ben Ali, die ihn am vergangenen Freitag zum Gang ins saudiarabische Exil zwangen, waren in den vergangenen Wochen nach offiziellen Angaben 78 Menschen getötet worden.

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