“Roma, die unermüdliche Suche nach dem Paradies”

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Als Danut nach Lausanne kam, übernachtete er wenn immer möglich draussen, um die fünf Franken zu sparen, die ihn ein Bett in einer Unterkunft gekostet hätte. © Yves Leresche

Zwischen 2010 und 2019 reisten Roma mit Reisecars regelmässig zwischen der Schweiz und ihren Herkunftsländern hin und her. Kostenpunkt: zwischen 100 und 150 Franken fürs Ticket sowie Gepäckkosten nach Gewicht. © Yves Leresche

Danut mit einem seiner Söhne in seinem Dorf in der Nähe von Blaj in Rumänien. © Yves Leresche

Einmal pro Monat bringt der Briefträger Familienzulagen für Danut und seine Nachbarn (rund 10 Franken pro Kind). Sie alle gehören zur Minderheit der Roma. © Yves Leresche

Florin und Rita schliefen lange geschützt vom Regen unter einer Brücke. Doch dann verjagte sie die Lausanner Polizei, die das Paar mehrere Male wegen "wildem Campieren" gebüsst hatte. Eine solche Busse beläuft sich auf rund 120 Franken. © Yves Leresche

Um 22 Uhr holen Florin und Roberto ihr Gepäck hervor, das sie versteckt haben. Sie geben es ihrem Cousin mit, der mit dem nächsten Bus zurück nach Rumänien reist. © Yves Leresche

Rita hatte ihre Gewohnheiten im Stadtzentrum von Lausanne: Sie bettelte regelmässig in der Fussgängerzone, die zum Mc Donald's führt. © Yves Leresche

Florin, der Mann von Rita, hatte den Eingang zur Post von Saint-François gewählt, um zu betteln. Ab Februar 2013 musste er sich aufgrund einer neuen Regelung fünf Meter von der Türe entfernen. © Yves Leresche

Zurück in ihrem Dorf in Rumänien werden Florin und Rita von ihren Kindern empfangen. © Yves Leresche

An einem Morgen im Haus von Florin und Rita: Ihr ältester Sohn, Samir, schläft noch, während sein jüngerer Bruder Remus das Haus früh verlassen hat, um zur Schule zu gehen. © Yves Leresche

Einige Roma übernachteten während ihres Aufenthalts in Lausanne in ihren Autos auf Parkplätzen. Ihre Fahrzeuge flickten sie aus finanziellen Gründen selbst. Im Bild ein Auto, das sie während eines Aufenthalts in Polen gekauft haben. © Yves Leresche

Etwas ausserhalb von Lausanne in der Nähe des Sees: Maria und ihre Tochter Leana ruhen sich nach einem Tag Betteln etwas aus. © Yves Leresche

Leana bettelte etwas oberhalb der Treppen, die zur Lausanner Metro führen. © Yves Leresche

Nach drei Monaten in Lausanne sind Maria und ihre beiden Töchter, Leana und Tuta, in ihr Dorf zurückgekehrt, pünktlich zu ihrem wichtigsten Fest: orthodoxe Ostern. © Yves Leresche

Während ihrer regelmässigen Aufenthalte in Lausanne schliefen Mirela und Roberto fast immer unter freiem Himmel. © Yves Leresche

Die Lausanner Polizei kontrolliert Roma-Migranten, darunter Robert, Mirela und weitere Angehörige ihres Dorfes. Die Bussen für "wildes Campieren", "Feuermachen", "im Auto übernachten" oder "Besetzung eines verlassenen Hauses" beliefen sich auf 100 bis 250 Franken. In all den Jahren kumulierte jeder Roma Bussen in der Höhe von zwischen 2000 und 20'000 Franken. © Yves Leresche

Im Dezember 2014: Mirela bettelt im Stadtzentrum von Lausanne. © Yves Leresche

Von der Lausanner Polizei mit Bussen belästigt, haben Mirela und Roberto nach einer Schlafmöglichkeit im Wald gesucht. © Yves Leresche

Wenn Roberto in seine Heimat zurückkehrt, findet er sich dort mit seinen vier Kindern, die oft während Monaten auf ihren Vater gewartet haben. © Yves Leresche

Am frühen Morgen in einem Wäldchen in der Nähe eines Parkplatzes: Adam, genannt "Rococo", 73-jährig, schläft noch, seine Familie übernachtete im Auto. © Yves Leresche

Rococo bettelte vor Läden grosser Marken im Zentrum von Lausanne. © Yves Leresche

Rococo mit traditionellem Hut hält eine Rede zur Hochzeit eines Grosskindes. © Yves Leresche

Rococo in seinem kleinen Haus in Rumänien. © Yves Leresche

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Fünf Jahre lang hat der Fotograf Yves Leresche Roma begleitet, die in Lausanne bettelten, bevor das Verbot in Kraft trat. Seine Bilder zeigen den Alltag dieser Familien in der Schweiz und in ihren Häusern in Rumänien.

“Sie sind unermüdlich, immer auf der Suche nach dem Ort, an dem sie das meiste Geld verdienen können. Dann werden sie weggejagt und versuchen ihr Glück woanders. Immer und immer wieder.” Der Fotograf Yves LerescheExterner Link tauchte in den Alltag der Roma ein, die zwischen 2009 und 2015 in Lausanne bettelten, bevor das Verbot in Kraft trat.

Sein Werk mit dem Titel “Roma, die unermüdliche Suche nach dem ParadiesExterner Link” zeigt das Leben dieser Menschen auf den Strassen der Schweiz, aber auch zu Hause in Rumänien.

Yves Leresche

lebt in Lausanne und arbeitet seit 1991 als freiberuflicher Fotojournalist. Für seine Bilder vom Frauenstreik vom 14. Juni 2019 hat er soeben den Swiss Press Photo Award 2020Externer Link gewonnen.

“Ich fotografiere die Roma auf dem Balkan seit den 1990er-Jahren. Mit dem Fall des Kommunismus machte ich mir Sorgen über ihre Zukunft”, sagt Leresche. “Als sie in Lausanne, in meiner Stadt, ankamen, wurden sie schnell beschuldigt, von Mafias ausgebeutet zu werden und falsche Bettler zu sein. Darüber war ich sehr empört, denn ich wusste, dass das nicht stimmt.”

Um das wirkliche Leben dieser Menschen zu zeigen, beginnt der Fotograf, sie zu begleiten. Er schläft draussen bei ihnen, begleitet sie beim Betteln und unternimmt mehrere Reisen nach Rumänien.

Keine Arbeit wegen negativer Stereotypen

“Es war mir wichtig, ihren Alltag in der Schweiz und in Rumänien zu zeigen, damit die Menschen verstehen, dass sie nicht ausgebeutet werden”, sagt Leresche. “Das sind Familien, die von sich aus hierherkommen und nach etwas suchen, um zu Hause zu überleben.”

Das Bettelverbot im Kanton Waadt, das im November 2018 in Kraft trat, stürzte diese “echten Bettler” in noch grössere Unsicherheit und zwang sie von einem Tag auf den anderen, nach anderen Lösungen zu suchen, wie der Fotograf sagt.

“Einige hatten fast zehn Jahre in der Schweiz verbracht. Das Verbot zerbrach sämtliche Beziehungen, die sie mühsam aufgebaut hatten und die zu einer Arbeit hätten führen können”, so Leresche.

Er beobachtet, dass das Muster immer dasselbe ist: Roma kommen in eine Stadt, Medien und Politiker instrumentalisieren die Existenz so genannter Mafianetzwerke und es werden Verbote ausgesprochen, angeblich um “die Bettler zu schützen”.

Diese Stereotypen, die durch mangelnde Kenntnisse entstehen, führen zu Ablehnung durch unsere Gesellschaft einerseits und zu einem Rückzug der Roma-Gemeinschaft andererseits, wie der Fotograf bedauert. “Ohne Hoffnung, Arbeit zu finden, und in Eile reisen die Roma weiter. Zum Betteln, um genug Geld für das Überleben ihrer Gemeinschaft zu verdienen.”

“Diese Wirtschaftsmigration in Form von Rückreisen stört die Integrationsstrategien der westlichen Länder”, erklärt Leresche. “Es ist auch das, was mich fasziniert, dieses kulturelle Unverständnis: Es ist schwer zu verstehen, was die Roma durchmachen, und sie haben Schwierigkeiten zu verstehen, wie unser System funktioniert.”

(Übertragung aus dem Französischen: Kathrin Ammann)