The Swiss voice in the world since 1935
Top Stories
Schweizer Demokratie
Newsletter
Top Stories
Schweiz verbunden

Ein Honorarkonsul erzählt: «Wir dürfen nicht mit Geld helfen, aber manchmal machen wir eine Ausnahme»

Marokkanerinnen schlendern durch den Souk in der Medina von Marrakesch.
Marokkanerinnen schlendern durch den Souk in der Medina von Marrakesch. Copyright 2021 The Associated Press. All Rights Reserved.

In Marokko besteht die Rolle des Schweizer Honorarkonsuls Max Rosari meistens darin, Auskünfte zu erteilen. Aber es gibt auch prekäre Fälle.

«Manchmal kommen Schweizer ohne jegliche Mittel mit ihren Koffern in mein Büro und bitten um Hilfe.» In den mehr als drei Jahren, in denen er als Honorarkonsul in Marrakesch tätig ist, musste Max Rosari bereits mehrmals Schweizer Staatsangehörigen in Not helfen.

«Normalerweise dürfen wir ihnen nicht mit Geld helfen, aber manchmal machen wir eine Ausnahme», sagt der 61-jährige Berner mit italienischen Wurzeln. «Ich sage mir immer, wenn diese Person zu meiner Familie gehören würde, würde ich mir wünschen, dass jemand ihr hilft.»

In solchen Fällen besteht die Rolle eines Honorarkonsuls darin, die Koordination mit der Botschaft sicherzustellen. «Danach übernimmt diese die Sache, und wir führen aus», sagt er.

Ein Auskunftsbüro

Portrait von Max Rosari vor einer Schweizer Fahne
Max Rosari ist gebürtiger Berner und lebte etwa 15 Jahre in Genf, bevor er nach Marokko zog. courtoisie

Offiziell muss ein Honorarkonsul Repräsentationsaufgaben wahrnehmen, indem er «die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Gastland fördert und dazu beiträgt, die Präsenz der Schweiz vor Ort zu stärken», so das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Die Funktion beinhaltet auch, «Kontakte mit der Schweizer Gemeinschaft im Ausland zu pflegen».

In der Praxis bedeutet das für Max Rosari, regelmässige Kontakte mit lokalen Behörden zu pflegen – was ihm auch beruflich Türen öffnet – oder Reden zu halten, insbesondere bei Gedenkfeiern.

Er sagt jedoch, seine Rolle bestehe zu 90% darin, Informationen bereitzustellen – für Schweizer:innen, aber auch für marokkanische Bürger:innen, die in sein Büro kommen.

Die meisten Personen wenden sich mit Visaanträgen an ihn, manchmal mehrmals täglich. Er kann ihnen jedoch keine Visa ausstellen. «Das ist die Aufgabe der Botschaft in Rabat», sagt er.

Mehr

Ein ehrenamtliches Engagement

Diese regelmässigen Unterbrechungen sind manchmal mühsam, denn das Büro des Honorarkonsuls ist auch Max Rosaris Arbeitsplatz. Als IT-Unternehmer entwickelt er Software für Fernseher in Hotels und Krankenhäusern, parallel zu seiner Tätigkeit als Honorarkonsul, die unentgeltlich ist.

Rosari erhält vom Bund lediglich eine jährliche Entschädigung von 6500 Schweizer Franken, um verschiedene Repräsentationskosten zu decken.

Im Durchschnitt beschäftigen ihn seine Tätigkeiten als Honorarkonsul einige Stunden pro Woche, mit gelegentlichen Ausnahmen: «Vor kurzem hat mich das rechtliche Problem eines Schweizers drei Tage lang beschäftigt. Aber genau in solchen Situationen sind wir nützlich», sagt er.

Mehr

Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Melanie Eichenberger

Hatten Sie schon einmal Kontakt zu einem Schweizer Honorarkonsulat? Warum? Und wie war Ihre Erfahrung?

Swissinfo wirft in einer Miniserie einen Blick auf das weit verzweigte, wenig sichtbare Netzwerk der Schweizer Honorarkonsulinnen und Honorarkonsuln. Teilen Sie Ihre Eindrücke.

Diskussion anzeigen

Gerne helfen

Der Berner freut sich darüber, den Schweizer:innen in Marrakesch helfen zu können. Er schätzt, dass etwa 70% der Schweizer:innen in der Region Rentner:innen sind. So kümmert er sich oft um Probleme bei der Passerneuerung und manchmal um Todesfälle.

Laut Rosari leben viele dieser Personen nicht offiziell in Marokko, sondern pendeln zwischen den beiden Ländern. «Auch diese Schweizer brauchen unsere Dienste.»

Offiziell lebten Ende 2024 1599 Schweizer Staatsbürger:innen in Marokko. Neben der Botschaft in Rabat und Max Rosari in Marrakesch vertreten drei weitere Honorarkonsuln die Eidgenossenschaft im Land: in Essaouira, Tanger und Casablanca.

Ein anspruchsvolles Rekrutierungsverfahren

Der Berner ist seit dreieinhalb Jahren im Amt. Obwohl er diese Tätigkeit schätzt, strebte Rosari sie ursprünglich gar nicht an: «Ich war Mitglied des Schweizer Kreises in Marrakesch, und dessen Präsident fand, ich hätte das ideale Profil. Also habe ich mich beworben.»

Nach einem Rekrutierungsprozess, den er als intensiv beschreibt, besonders weil er während der Covid-19-Pandemie stattfand, trat er sein Amt im April 2022 an.

Diese erste Amtszeit endet im April 2026. Er würde gerne eine zweite Amtszeit anhängen, «aber das hängt von Bern ab».

Welche Aufgaben hat ein Honorarkonsul? Und wie viele gibt es weltweit? Antworten finden Sie in folgendem Artikel:

Mehr
Swiss Flugzeug in der Luft

Mehr

Swiss Abroad

Das unsichtbare Netz der Schweizer Diplomatie

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweiz hat weltweit 225 Hobby-Diplomatinnen und Diplomaten im Einsatz: Die Honorarkonsul:innen. Wir zeigen, wo sie leben, weshalb es sie braucht und warum es immer mehr von ihnen gibt.

Mehr Das unsichtbare Netz der Schweizer Diplomatie

Editiert von Pauline Turuban; Übertragung aus dem Französischen mit der Hilfe des KI-Tools Claude: Claire Micallef

Meistgelesen
Swiss Abroad

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft