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Neuer ASO-Direktor Lukas Weber: «Ich erwarte bewegtere Zeiten»

Bei der Auslandschweizer-Organisation (ASO) herrscht Aufbruchstimmung. Der Auslandschweizer-Rat beginnt eine neue Legislatur und mit Lukas Weber ist ein neuer Direktor im Amt. Wir machen bei Let’s talk die Auslegeordnung.

Die Auslandschweizer-Organisation ist gefordert. Das Image der Auslandschweizer:innen hat gelitten und der Auslandschweizer-Rat hat ein neues Wahlprozedere getestet. Dieses brachte mehr Demokratie in das sogenannte Parlament der Fünften Schweiz. Wo steht die Organisation kurz vor ihrer neuen Legislatur?

Darüber reden wir mit Lukas Weber, dem neuen Direktor der Auslandschweizer-OrganisationExterner Link, und mit Marc Bühlmann, Politologieprofessor an der Universität Bern. Bühlmann beobachtet die Rolle der Auslandschweizer:innen im Schweizer Politsystem seit Jahren – er ist auch Direktor von Année PolitiqueExterner Link, der Sammlung zu Schweizer Politik und Gesellschaft.

Demokratie eine «Mammutaufgabe»

Ebenfalls zugeschaltet ist das Mitglied des Auslanschweizer-Rats, Andres Feller-Ryf. Er hat die letzten acht Jahre in London verbracht und den Demokratisierungsprozess des Auslandschweizer-Rats mit einer Gruppe junger Ratsmitglieder massgeblich mitverantwortet. «Das war eine Mammutaufgabe», erzählt Feller-Ryf.

Es gab mehrere Herausforderungen, ergänzt Lukas Weber. Er nennt die bestehenden Kulturen in den Vereinen, die Suche nach einer geeigneten Wahlplattform, die Kosten der Wahlen und schliesslich auch die reine Logistik. «Es war ein grosser Pilot und wir sind dabei, die Lehren daraus zu ziehen», sagt Weber und spricht von einem «Live-Experiment».

Nun müsse eine Kultur entwickelt werden, die es heute noch nicht gebe. «Ich erwarte erstmal bewegtere Zeiten im Auslandschweizer-Rat.» Webers Versprechen: «Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Unruhe in guten Ergebnissen mündet.»

Marc Bühlmann sagt: «Der Auslandschweizer-Rat soll die Sorgen und Anliegen aller Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sammeln, diskutieren und gegenüber den Schweizer Behörden durchsetzen.» Speziell an diesem Rat sei jedoch, dass er einerseits mit «einer Stimme sprechen soll», sich andererseits aber aus einer sehr heterogenen Gruppe zusammensetzt.

«Mehr Diversität bringt mehr Debatten»

«Die Clubs waren bisher eher das Hörrohr, das die Sorgen und Ängste aller Auslandschweizer vielleicht besser hörte», analysiert Bühlmann weiter. Dabei seien vielleicht viele Dinge vergessen worden, da nicht alle Lebenswelten im bisherigen Rat abgebildet waren. «Die Wahlen haben bestimmt mehr Diversität in den Rat gebracht», folgert Bühlmann. «Das ist demokratischer, könnte aber auch zu mehr Debatten führen.»

«Die Clubs repräsentieren nur 0,1 bis 0,2% der Auslandschweizer:innen», ergänzt Andreas Feller-Ryf. Das sei nicht repräsentativ, gerade im Hinblick auf die verschiedenen Generationen von Ausgewanderten. Er sagt, das Durchschnittsalter der Gewählten sei infolge der Direktwahlen nun stark gesunken. «In den Vereinen fehlen die Jungen», bestätigt Lukas Weber.

Der Rat ist die politische Stimme der Schweizer:innen und Schweizer, die im Ausland leben. Zugleich ist er das politische Diskussions- und Entscheidungsorgan der Auslandschweizer-Organisation ASO, also der Lobby-Organisation der Schweizer Bürgerinnen und Bürger im Ausland. Einfach gesagt: Die ASO vertritt im Inland die Interessen der Schweizer:innen im Ausland – und der Rat liefert ihr dafür die Inputs. Der Rat setzt sich aus 120 Delegierten zusammen sowie aus 20 Mitgliedern aus der Schweiz, die aus Politik, Wirtschaft und Kultur stammen.

Welche Schwerpunkte will Lukas Weber nun angehen? Zunächst wirft er einen Blick auf die ASO-Geschäftsstelle. Hier stelle sich die Frage: «Wie organisieren wir unsere Arbeit?»

Schweizer Revue auf dem Prüfstand

Auch die Schweizer Revue, die kostenlos an alle Ausgewanderten versendet wird, will sich Weber anschauen. Die gedruckte Ausgabe sei zwar beliebt, verschlinge aber sehr viel Budget. «Wenn wir sparen müssen, werden wir uns umso mehr die Frage stellen: Ist das noch das richtige Format?»

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Im Hinblick auf politische Geschäfte möchte Weber darauf achten, dass sich die Organisation nicht auf allzu kontroverse Themen einschiesst. «Wir sollten uns auf die Kernanliegen konzentrieren, die uns alle verbinden», sagt Weber. E-Government und E-Identity seien solche Anliegen, ebenso E-Voting.

Wie stark ist die ASO als Organisation?

Marc Bühlmann weist auf zwei Charakteristika von Organisationen hin. Eine Frage sei: «Wie viele Leute kann eine Organisation hinter einem klaren Ziel vereinen?» Hier spreche man von Organisationsfähigkeit. Die zweite Frage sei: «Wie glaubhaft kann eine Organisation vermitteln, dass sie – etwa mit einer Referendumsdrohung – Dinge blockieren kann?» Dabei spreche man von Konfliktfähigkeit.

«Für die Auslandschweizer-Organisation und den Auslanschweizer-Rat ist beides eher schwierig», schliesst Bühlmann. Die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer seien in dieser Hinsicht zu heterogen und nicht sehr konfliktfähig. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass sie politisch schneller unter die Räder geraten, sagt Bühlmann. «Die Auslandschweizer:innen müssten daher vermehrt zeigen, welchen Mehrwert sie bieten.»

Mehr Sichtbarkeit für den Auslandschweizer-Rat

Bühlmann nennt ein Beispiel: «Vor einer Abstimmung höre ich relativ selten, dass Auslandschweizer:innen auch noch ihr spezifisches Argument einbringen. Das ist schade, denn es wäre eine Möglichkeit, sich im Inland zu zeigen.»

Lukas Weber nimmt diesen Ball auf: «Das Interesse, sich einzubringen, ist grundsätzlich gross, aber da sind wir gefordert, dies kommunikativ in eine Form zu bringen.»

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