The Swiss voice in the world since 1935
Top Stories
Schweizer Demokratie
Newsletter

Neustart für den Auslandschweizer-Rat

Fünf Delegierte des Auslandschweizer-Rat in der Wandelhalle im Bundeshaus
Claudine Morier, Rolf Blaser, Simone Höch, Chris Stern und Pascal Méan (von links nach rechts) gehören zu den neuen, demokratisch gewählten Delegierten des Parlaments der Fünften Schweiz. Swissinfo

Die ersten «SwissCommunity Days» in Bern markieren den Beginn einer neuen Legislaturperiode des Auslandschweizer-Rats, der durch umfassende Direktwahlen breiter abgestützt ist als je zuvor. E-Voting wird auch in den nächsten vier Jahren im Mittelpunkt der Forderungen stehen.

Aus aller Welt pilgerten an diesem Freitag rund 150 Personen ins Bundeshaus in Bern. Der Anlass: Die ersten «SwissCommunity Days» der Auslandschweizer-Organisation. Das erste Treffen der neuen Legislatur des Auslandschweizer-Rats, das erste Treffen nach den grossangelegten Direktwahlen des Rats.

Damit geht der Auslandschweizer-Rat sein chronisches Demokratiedefizit in einem bisher nie dagewesenen Ausmass an und erhöht damit seine Legitimität im Inland.

Die gewählten Kandidatinnen und Kandidaten des Auslandschweizer-Rats – ob direkt oder nach altem System als Abgesandte gewählt – werden an der konstituierenden Sitzung vom Samstag offiziell in ihrer Wahl bestätigt. Mit 71 von 140 Sitzen wurde mehr als die Hälfte der Sitze neu besetzt.

«Wir sind zwar kein echtes Parlament», begrüsste Filippo Lombardi, Präsident der Auslandschweizer-Organisation (ASO), die anwesenden Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Aber der Auslandschweizer-Rat sei das repräsentativste und wichtigste Organ der ASO.

Der ASO-Direktor über das neue Format der «SwissCommunity Days»:

Mehr

Der Auslandschweizer-Rat ist das Organ, das die Anliegen der Auslandschweizer:innen-Community aufnimmt und sich in der schweizerischen Öffentlichkeit und bei den Behörden für ihre Interessen einsetzt.

«Unsere Macht ist begrenzt, die Ressourcen auch», sagte Lombardi. Aber die Auslandschweizerrätinnen und -räte seien wichtige Botschafter:innen in ihren Ländern.

Wir waren am Freitag auch mit der Kamera vor Ort:

Ein Netzwerk zur gegenseitigen Unterstützung aufbauen

Claudine Morier (42) ist eines der neuen Gesichter im Parlament der Fünften Schweiz. Die unabhängige Evaluatorin lebt seit etwas mehr als fünf Jahren in Sevilla. «Es ist wichtig, Kontakte zu anderen Auslandschweizern zu knüpfen, um sich bei Bedarf gegenseitig helfen zu können», meint sie.

Sie erklärt, dass die Verwaltungsformalitäten in Spanien oft eine echte Herausforderung darstellen. «Als Schweizerinnen und Schweizer sind wir uns das nicht gewöhnt. Deshalb ist es sehr wertvoll, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig beraten zu können.» Eines ihrer Ziele ist, einen Club der Schweizerinnen und Schweizer in Andalusien zu gründen und so ein lokales Netzwerk aufzubauen.

Morier wünscht sich zudem, dass Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer weiterhin Beiträge zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV, erste Säule des Schweizer Rentensystems) leisten können. «Als ich nach Andalusien kam, dauerte es ein Jahr, bis ich mich bei der Sozialversicherung anmelden konnte.» Jetzt habe sie eine einjährige Lücke in ihren Beiträgen. «Es müsste Lösungen geben, damit so etwas nicht passiert», meint sie.

Die neue Delegierte der Schweizerinnen und Schweizer in Spanien will sich zudem für die elektronische Stimmabgabe einsetzen und dafür, dass Ausgewanderte die Bankbeziehungen zu ihrem Herkunftsland aufrechterhalten können.

Delegierte des Auslandschweizer-Rats
Um sich auf ihr Mandat vorzubereiten, nahmen die gwählten Kandidatinnen und Kanditaten am Freitag an Workshops teil. Swissinfo

E-Voting hat Priorität

Ebenfalls neu in den Auslandschweizer-Rat gewählt wurde Chris Stern (68). Der in Florida lebende Unternehmer möchte als Vermittler zwischen seinen Landsleuten und den Konsulaten agieren.

«Es ist wichtig, dass die Diaspora besser über die sie betreffenden Themen informiert wird», sagt er. Zu diesem Zweck hat er bereits eine neue Facebook-Seite für Schweizerinnen und Schweizer im Süden der USA eingerichtet.

Für ihn hat jedoch die Förderung von E-Voting Priorität, die 2019 zum Stillstand gekommen war. Der Bundesrat hatte das in einigen Kantonen laufende Pilotprojekt damals aus Sicherheitsgründen beendet. Seitdem haben nur vier Kantone wieder mit Versuchen begonnen: Basel-Stadt, St. Gallen, Thurgau und Graubünden.

«Manchmal erhalte ich meine Wahlunterlagen erst nach den eidgenössischen Abstimmungen, weil das amerikanische Postsystem mangelhaft ist», erzählt Stern. Seiner Meinung nach beweist das von der ASO eingerichtete System der direkten Online-Wahl, dass dies funktionieren kann.

Diese Feststellung teilt Pascal Méan, ein 61-jähriger Schweizer, der in Calgary in Kanada lebt und ebenfalls neu in das Parlament der Fünften Schweiz gewählt wurde. «Ich habe bereits Erfahrungen mit der Online-Abstimmung gemacht, als der Kanton Genf damals Tests durchführte», sagt Méan.

Er werde sich dafür einsetzen, dass dies für alle im Ausland lebenden Personen möglich werde. «Die Fristen seien oft zu kurz, um an den Abstimmungen teilzunehmen», bedauert er.

Hier finden Sie die Umfrage zu E-Voting:

Mehr

Demokratisch wiedergewählt

Simone Höch (51), Hotelmanagerin aus Ägypten, tritt die zweite Legislatur im Auslandschweizer-Rat an. Sie wurde in ihrem Wohnland diesen Frühling ebenfalls demokratisch gewählt – jedoch nicht im Rahmen des Pilotprojekts.

«In Ägypten haben wir dieses System der Online-Direktwahlen schon seit längerem eingeführt», sagt Höch, die seit einem Jahr auch als Honorarkonsulin für die Schweiz amtet.

Ihr Ziel für die nächsten vier Jahre als Auslandschweizerrätin ist, noch mehr Schweizerinnen und Schweizer in ihrem Wohnland zu erreichen. «Sehr oft informieren sich die Leute erst, welche Möglichkeiten man als Auslandschweizer:in hat, wenn Schwierigkeiten auftreten», sagt Höch.

Die Atmosphäre im Nationalratsaal war feierlich, doch interne Kritik sorgte an den «SwissCommunity Days» für Spannungen:

Mehr

Ausserdem will sie sich weiter für die E-ID einsetzen und die Möglichkeit, dass man als Auslandschweizerin oder Auslandschweizer weiterhin in der Schweizer Krankenversicherung bleiben kann.

Die Direktwahlen sieht sie als «den richtigen Weg» für die Zukunft des Auslandschweizer-Rats. «In Ägypten haben die Direktwahlen in den letzten Jahren ermöglicht, dass sich auch Schweizerinnen und Schweizer ausserhalb der Hauptstadtregion Kairo – also auch dort, wo es keine Schweizer Clubs gibt – zur Wahl stellen und gewählt werden konnten», so Höch.

Mehr

Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Melanie Eichenberger

Was erwarten Sie vom Auslandschweizer-Rat in den kommenden vier Jahren?

Im Frühling finden die Neuwahlen des Auslandschweizer-Rats für die Legislaturperiode 2025-2029 statt. Für was sollen sich die künftigen Delegierten einsetzen?

3 Kommentare
Diskussion anzeigen

Mit mehr Dynamik in die neue Legislatur

Auch Rolf Blaser (54) aus Sri Lanka wurde wiedergewählt. Der CEO der Schweizer Firma A. Baurs&Co. in Sri Lanka konnte sich in seinem Wahlkreis, der 28 Länder umfasst, gegen 12 weitere Kandidatinnen und Kandidaten durchsetzen und wird nun die nächsten vier Jahre die Schweizerinnen und Schweizer in Zentral-, West- und Südasien im Auslandschweizer-Rat vertreten.

«Ich will aktiv einen Beitrag leisten, um das Leben der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland zu verbessern», sagt Blaser. Prioritär setzt er sich dabei für die E-ID und E-Voting ein. Auch er erhält die Wahlunterlagen oft zu spät.

Blaser legt ebenfalls viel Wert auf das Thema Krankenkasse für Auslandschweizer:innen, aber auch darauf, dass Schweizerinnen und Schweizer im Ausland frühzeitig Vorkehrungen für den letzten Lebensabschnitt treffen. «Wir im Ausland müssen uns mehr Gedanken machen als Inlandschweizer – nur schon wegen der Bürokratie», sagt er.

Blaser erhofft sich für die kommende Legislatur des Auslandschweizer-Rats mehr Dynamik. Besonders mit den jüngeren Delegierten, die durch die Direktwahlen ins sogenannte Parlament der Fünften Schweiz gekommen sind, könnte dies gelingen.

Editiert von Samuel Jaberg.

Meistgelesen
Swiss Abroad

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft