Schokolade ohne Kakao – sogar in der Schweiz

Mehrere Startups entwickeln Alternativen zu Kakao auf der Basis von Gerste, Bohnen oder Sonnenblumenkernen. Der Schweizer Hersteller Stella Bernrain hat bereits eine kakaofreie Schokoladetafel auf den Markt gebracht. Derartige Produkte dürften stark zunehmen.
Kaum vorstellbar, aber dennoch arbeiten weltweit mehrere Unternehmen an der Entwicklung von Kakaoersatzstoffen für die Schokoladeherstellung.
Diese Produkte, die Geschmack und Textur von Schokolade imitieren, sind eine Antwort auf zwei grosse Herausforderungen: die steigenden Kakaopreise und die mit dem Kakaoanbau verbundenen Umweltprobleme.
Fermentierte Gerste
Das Londoner Startup-Unternehmen Win-Win, das von der Genfer Edmond de Rothschild Gruppe finanziert wird, hat mehr als 1100 Rezepte getestet, bevor es das ideale Rezept auf der Basis von fermentierter Gerste fand.
Ahrum Pak, Geschäftsführerin von Win-Win, erklärte in der Sendung A Bon Entendeur des französischsprachigen Fernsehsenders RTS: «Es ist wirklich die Fermentierung der Gerste, die uns diesen Geschmack gibt», der jenem von Kakao sehr ähnlich sei.
«Leider sind 80 bis 90 Prozent des Regenwalds in Westafrika verschwunden, vor allem wegen der Abholzung für den Kakaoanbau», fährt sie fort.
«Wir wollen weiterhin Schokolade geniessen, aber wir können die Umwelt nicht mehr so schädigen, wie wir es jetzt machen.»
Das Startup verkauft seine künstliche Schokolade bereits an Lebensmittelfirmen wie Dr. Oetker, der daraus Guetsli, Glacé oder Kuchen herstellt.
Ackerbohnen
Nukoko, ein weiteres Unternehmen aus London, setzt auf Ackerbohnen. «Es gibt eine riesige Vielfalt an Ackerbohnen, und einige haben einen hohen Polyphenolgehalt, was für die Schokoladeherstellung sehr nützlich ist», sagt Kit Tomlinson, der Gründer von Nukoko.
Das Unternehmen ist eine Partnerschaft mit Coop und deren Schokolademarke Halba eingegangen, um diese Art von Süssigkeiten für den Schweizer Markt zu entwickeln. Sein Pseudo-Kakao befindet sich noch in der Testphase, aber es plant, ihn bereits diesen Sommer zu produzieren und zu verkaufen.
«Wir verwenden keinen Kakao, also können wir unser Produkt nicht Schokolade nennen», sagt Tomlinson. «Das ist kein grosses Problem. Wir könnten den Begriff ’schokoladig› oder ‹choco› verwenden, so wie es die Schokoladeindustrie schon mehrfach für Produkte mit sehr geringem Kakaoanteil gemacht hat.»
Fermentierte Sonnenblumenkerne
Die Schweizer Firma Stella Bernrain in Kreuzlingen (Kanton Thurgau) hat sich für einen Kakaoersatz aus fermentierten Sonnenblumenkernen entschieden.
«Aus dieser falschen Schokolade könnte man einen Osterhasen machen», schwärmt Robin Auer, Marketingleiter von Stella Bernrain. «Das ist unser Ziel. Wir wollen sie nächstes oder übernächstes Jahr auf den Markt bringen.»
Im vergangenen November hat die Marke mit Choviva ihren ersten kakaofreien Riegel auf den Markt gebracht. «Die Leute, die sie probieren, ohne zu wissen, dass es keine richtige Schokolade ist, finden sie gut und merken gar nicht, dass kein Kakao drin ist», versichert Auer.
Neben Umweltaspekten veranlassen auch die steigenden Kakaopreise die Hersteller dazu, solche Alternativen in Betracht zu ziehen.
«Die historischen Kakaopreise schwankten bis 2022/2023 um die 2500 US-Dollar pro Tonne», sagt. Raphaël Felenbok, ein Berater der Schokoladeindustrie:
Seitdem ist der Preis förmlich explodiert, mit einer sehr hohen Volatilität. Derzeit liegt er bei rund 10’000 US-Dollar pro Tonne, was einer Vervierfachung entspricht.
Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub

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