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Was es braucht, um zwei Schweizer Bankengiganten zu fusionieren

Baustellenzeichen direkt neben dem CS-Gebäude
Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ist beschlossene Sache. © Keystone / Georgios Kefalas

Auf dem Papier hat die UBS ein gutes Geschäft gemacht, als sie die Credit Suisse für nur 3 Milliarden Franken übernommen hat. Der tatsächliche Preis wird jedoch erst nach Abschluss der Fusion bekannt sein, die in einem Minenfeld rechtlicher, regulatorischer und marktbezogener Risiken stattfindet.

UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher fasste die Situation seiner Bank im Lichte der CS-Übernahme kürzlich so zusammen: “Ich kann nicht genug betonen, wie gewaltig dieses Geschäft ist in Bezug auf die Finanzgeschichte und die finanztechnische Umsetzung. Das bringt ein erhebliches Ausführungsrisiko mit sich.”

Die Belohnung für eine gelungene Fusion könnte also enorm sein. Gleichzeitig wäre der Preis, wenn das Megaprojekt scheitert, katastrophal. Nicht nur für die Schweiz, sondern für den gesamten globalen Finanzsektor.

Die Risiken

Die UBS hat mehrere potenzielle Schwachstellen identifiziert. Dazu gehören die Zusammenführung zweier operativer Systeme, die Entschlackung der angeschlagenen Investmentbank der Credit Suisse und die Zusammenführung von Mitarbeitenden und Geschäftskulturen.

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“Es gibt eindeutig Teile der Credit Suisse, die eine schlechte Kultur hatten”, sagte Kelleher. “Wir werden alle Mitarbeitenden einem Kulturcheck unterziehen müssen, um sicherzustellen, dass wir nicht etwas in unser Ökosystem importieren, das Probleme verursacht.”

Kommt hinzu, dass die UBS vor dem Vollzug des Zusammenschlusses nicht alles über die Bilanz der Credit Suisse erfahren kann.

“Solange wir nicht fusioniert sind, haben wir keinen Zugang zu allen Informationen. Wir müssen mit den kartellrechtlichen Bestimmungen sehr vorsichtig sein”, sagt UBS-CEO Ralph Hamers (der am 5. April von Sergio Ermotti abgelöst werden soll).

Und dann ist da noch die Frage, wie viel die UBS für unerwünschte Credit Suisse-Investitionen in einem Markt bekommen kann, der von Bankenzusammenbrüchen und steigenden Zinsen gebeutelt wird.

Laut dem ehemaligen UBS-Manager Andreas Ita, der heute geschäftsführender Partner der Risikoberatungsfirma Orbit36 ist, gibt es auf operativer Ebene zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen.

“Die beiden Unternehmen arbeiten mit unterschiedlichen IT-Systemen. Die Integration in diesem Bereich wird wahrscheinlich eher Jahre als Quartale dauern”, sagt er gegenüber SWI swissinfo.ch.

“UBS wird auch die verschiedenen hängigen Rechtsfälle der Credit Suisse übernehmen.” Dazu gehören potenzielle Klagen von Inhabern der so genannten AT1-Anleihen, die durch die Übernahme wertlos geworden sind.

UBS hat auch die Aufgabe, die Saudi National Bank, den grössten Aktionär der Credit Suisse, zu beschwichtigen, die letztes Jahr Milliarden in die Bank investierte. Von denen ging ein Grossteil im Rahmen des UBS-Übernahmeangebots verloren.

Die Politik

Ob gewollt oder nicht, die UBS ist in einen politischen Sturm in der Schweiz hineingezogen worden.

Die Regierung hat die Übernahme per Notrecht durchgesetzt und die Aktionäre und Obligationäre an die Seitenlinie verbannt. Und es wurden Milliarden an Steuergeldern versprochen, um mögliche Verluste der UBS zu decken.

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Die Regierung hat unterdessen angeordnet, die Bonuszahlungen der Credit Suisse einzufrieren. Das Parlament wird eine ausserordentliche Session abhalten, um die Angelegenheit zu erörtern. Mehrere Kommissionen haben angekündigt, Aspekte der Bankenkrise zu untersuchen.

Viele Politiker:innen fordern, dass das inländische Privatkundengeschäft der Credit Suisse in eine unabhängige Einheit ausgegliedert wird. Dies könnte die Politik auf Kollisionskurs mit der Bank bringen, denn die UBS hat nach eigenen Angaben keine Pläne, die Credit Suisse aufzubrechen.

Ein Stellenabbau bei den 16’000 Mitarbeitenden der Credit Suisse in der Schweiz ist unausweichlich. Die UBS kann zum jetzigen Zeitpunkt zwar nicht sagen, wie viele dieser Jobs gestrichen werden müssen. Schon fest steht aber, dass sie unter Druck immensem Druck stehen wird, so viele wie möglich zu erhalten.

Was kommt als nächstes?

Wichtige Finanzplätze wie die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und die Europäische Union haben nach dem Eingreifen der Schweizer Behörden ihren generellen Segen zu dem Deal gegeben.

Anwält:innen feilschen nun mit den Regulierungs- und Kartellbehörden in den 58 Ländern, in denen UBS tätig ist, um die Feinheiten.

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Die UBS sagt, dass es noch einige Wochen dauern wird, bis sie ihren konkreten Übernahmeplan der Öffentlichkeit vorstellen kann. Die Schweizer Regierung möchte, dass das Geschäft bis Ende des Jahres abgeschlossen ist.

Die Financial Times berichtet, dass UBS bereits versucht, mit der teilweisen Abspaltung des Investmentbanking-Geschäfts der Credit Suisse die Situation zu entwirren.

Kann die Übernahme gelingen?

Beide Schweizer Banken haben in der Vergangenheit bereits andere Banken übernommen. 1988 kaufte die Credit Suisse die amerikanische Investmentbank First Boston. Zehn Jahre später entstand die UBS durch die Fusion der Schweizerischen Bankgesellschaft mit dem Schweizerischen Bankverein.

Aber das war vor der Finanzkrise 2007/2008, also bevor die Begriffe “Too Big to Fail” und “Global Systemically Important Bank” (GSIB) geprägt wurden.

“Es handelt sich um die grösste einzelne Finanztransaktion seit 2008”, sagt Kelleher. “Ich würde behaupten, dass sie grösser ist als jede andere Transaktion im Jahr 2008, weil es das erste Mal ist, dass zwei GSIBs fusionieren.”

Die UBS sagt, die Übernahme der Credit Suisse werde ihr mehr Schlagkraft auf den globalen Märkten verleihen, insbesondere in den USA, Südostasien und Lateinamerika. Aber die Verantwortlichen räumen auch ein, dass es potenzielle Schattenseiten gibt.

Wenn die Fusion gelingt, muss die Megabank immer noch effizient arbeiten und Gewinne erwirtschaften.

Bevor nicht mehr Details über die endgültige Zusammensetzung und Strategie bekannt sind, ist es unmöglich abzuschätzen, wie erfolgreich die neue Megabank sein könnte.

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