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Schweizerschulen wollen Swissness fördern

Bundesrat Alain Berset klatscht Kinder ab
Bundesrat Alain Berset klatscht mit Kindern der Schweizerschule in Mexiko-Stadt ab. Schweizer Botschaf in Mexico/Adrián Elizondo Lima

Die Schweizerschulen im Ausland gehen in die Offensive. Nach Jahren der Stagnation wollen sie ihren Einfluss weltweit verstärken.

Es sind Bilder lachender und fähnchenschwenkender Kinder, die im jüngsten Newsletter von Education Suisse, dem Verein der Schweizerschulen im AuslandExterner Link, ins Auge springen. Als Bundesrat Alain Berset am 25. August die Schweizerschule in Mexiko-Stadt zusammen mit dem mexikanischen Bildungsminister besuchte, zeigten Schülerschar und Lehrerschaft offensichtliche Freude über die Visite aus der hohen Politik. Dabei wurde auch ein bilaterales Abkommen unterzeichnet, das die Rahmenbedingungen für die Schule neu definiert.

In derselben Woche gab es auch in China Grund zum Jubilieren, öffnete hier doch erstmals eine Schweizerschule ihre ToreExterner Link. Der Ausserrhoder Ständerat Ivo Bischofberger reiste extra nach Peking, um der Feier als damaliger Präsident der kleinen Kammer Gewicht zu verleihen. In den Reden wurde in Mexiko wie in China die völkerverbindende Funktion der Schweizerschulen hervorgehoben. Sie sollen Brücken schlagen, hiess es unisono, Swissness in die Welt tragen.

Praxisorientierte Ausbildung

Das entspricht dem Selbstverständnis der Schulen und seit Anfang 2015 auch dem gesetzlichen Auftrag. Das neue SchweizerschulengesetzExterner Link stellt einen Paradigmenwechsel dar: Nicht mehr in erster Linie die Ausbildung von Schweizer Kindern im Ausland soll gefördert werden, vielmehr sollen sich die Schulen als Schaufenster für Bildung und Kultur der Schweiz präsentieren.

«Swissness stärken», so lautet denn auch die Devise von Hans Ambühl, der im März 2017 als Generalsekretär der Erziehungsdirektorenkonferenz pensioniert wurde und seit letztem Jahr als Präsident von Education Suisse amtet. Ambühl nennt im Gespräch Anliegen, die ihm besonders wichtig sind: die didaktische Qualität des Schweizer Bildungswesens in den Auslandschulen weiter zu entwickeln; das auch auf berufliche und nicht nur akademische Ausbildung ausgerichtete System weiter zu fördern; schliesslich die betriebswirtschaftliche Kompetenz an den Schulen zu unterstützen und zu stärken.

Ambühl hat die Swissness in der Bildung zum Jahresthema 2018 erklärt. Im folgenden Jahr möchte er sodann die Schulevaluation an den Schweizerschulen zum Thema machen. Zudem schwebt ihm vor, in der Schweiz eine Winter- oder Sommerakademie für die Lehrkräfte der Schweizerschulen einzuführen, um diese pädagogisch auf einen ausgeglichenen und aktuellen Stand zu bringen. Allein: Die Finanzquelle für die Akademie muss erst noch gefunden werden.

Integration ist Teil von Swissness

Die Schweizerschulen geniessen auch so an ihren Standorten einen guten Ruf und sind damit durchaus ein Faktor der Schweizer Aussenpolitik. Daran ändern auch kleinere Verwerfungen wenig, wie sie vergangenen Sommer etwa bei der Schweizerschule in Mailand publik wurden. Die Schule hatte in Eigenregie ihr Reglement geändert und sich als «nicht optimal» für Kinder mit Lernschwierigkeiten bezeichnet. Berichte in italienischen Medien führten zu heftiger Kritik, worauf das Bundesamt für Kultur umgehend durchsetzte, dass der Passus wieder gestrichen wurde: Es könne nicht Geist einer Schweizerschule sein, bei Lernschwierigkeiten von vornherein vom Besuch der Schule abzuraten.

«Integration ist ein ausgesprochen wichtiger Teil der Swissness», betont auch Hans Ambühl – das gelte in pädagogischer wie gesellschaftlicher Hinsicht. Stipendien sollen weiter gefördert werden, so dass der Besuch einer Schweizerschule nicht nur für die Oberschicht bezahlbar ist. Gegen Tendenzen, zu elitär zu werden, wie vereinzelt von Eltern berichtet wird, will er angehen. Zudem zielt die Bildung und Erziehung an den Schweizerschulen darauf ab, dass die Kinder zu selbständigen Menschen werden (und auch möglichst selbständig lernen können) – was allerdings in manchen Ländern nicht gleichermassen selbstverständlich ist wie in der Schweiz. Ambühl weiss diesbezüglich von manchen klärenden Gesprächen mit Eltern zu berichten.

Jeder fünfte Schüler mit Schweizer Pass

Weiterhin zwingend ist der Unterricht in einer schweizerischen Landessprache. Aufgehoben wurde 2015 hingegen, der Not gehorchend, die bis dahin geltende Mindestquote von Schweizer Schülern. Von den weltweit rund 8000 Kindern – eine ansteigende Zahl –, die derzeit eine Schweizerschule besuchen, haben mit 1650 Kindern nur noch gut 20 Prozent einen Schweizer Pass. Und von den derzeit 824 Lehrerinnen und Lehrern stammen 264, knapp ein Drittel, aus der Schweiz.

Die erste Schweizerschule war bereits 1839 in Neapel gegründet worden. Sie wurde in den 1980er Jahren wieder geschlossen. Manch andere Schweizerschule konnte sich ebenfalls nicht halten oder verlor ihre Anerkennung: in Italien, Brasilien, Ägypten und Ghana. Die heute bestehenden 18 Schulen verteilen sich auf Europa (7), Lateinamerika (8) und Asien (3). Bei einem Gesamtumsatz von 74 Millionen Franken werden sie vom Bund jährlich mit rund 18 Millionen Franken subventioniert. Bern unterstützt zudem weitere 13 deutsche, französische oder internationale Schulen mit Schweizer Lehrpersonal.

Für Hans Ambühl ist es an der Zeit, die Zahl der Schweizerschulen wieder zu erhöhen und auch weitere Kooperationen vor allem mit deutschen Auslandschulen einzugehen. In Diskussion ist die Gründung einer weiteren Schule in China mit Standort Schanghai, weniger weit ausgereifte Projekte gibt es laut BundesratExterner Link für Vietnam, Brasilien, Ägypten, Katar und Kuwait. Womöglich lässt sich auch die Zahl der derzeit 14 Patronatskantone erhöhen, die sich für mindestens eine Schweizerschule engagieren. Wie bis anhin sollen aber neue Angebote von unten wachsen, durch das Engagement von Auslandschweizern und Schweizer Firmen vor Ort. Damit das Netzwerk Schweiz in der Welt, so die Hoffnung von Hans Ambühl, noch engmaschiger wird.

Dieser Artikel erschien erstmals in der Neuen Zürcher ZeitungExterner Link.

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