
Aargauer Staatsanwaltschaft muss «Romance Scam» untersuchen

Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau muss gegen ihren Willen ein Strafverfahren wegen Betrugs über die Dating-Plattform Tinder weiterführen. Eine Frau hatte auf der Plattform einen Mann namens "Dave" kennengelernt und ihm in sechs Tranchen 97'007 Franken überwiesen.
(Keystone-SDA) Wie aus dem am Dienstag publizierten Urteil des Obergerichts hervorgeht, hat das Gericht die Beschwerde der Frau gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau, den Fall nicht an die Hand zu nehmen, gutgeheissen.
Die Frau hatte im Dezember 2024 bei der Kantonspolizei Freiburg eine Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht. Hinter dem «Dave» versteckten sich offenbar drei verschiedene Personen. Es geht um «Romance-Scam».
Verantwortung des Opfers
Die Staatsanwaltschaft stellte sich auf den Standpunkt, die Zahlungen seien als leichtfertiges Verhalten der Frau einzuschätzen, das die Arglist der Täterschaft mindere. Es geht um eine sogenannte Opfermitverantwortung. So hatten die Banken bei der Überweisung auf einen möglichen Betrug hingewiesen – oder eine Kantonalbank hatte sich geweigert, der Frau das Geld überhaupt auszuzahlen.
Die Frau leidet offenbar an psychischen Problemen, wie aus dem Urteil hervorgeht. Ohne Nachweis, dass die Täter von der Erkrankung der Frau wussten, kann gemäss Obergericht keine höhere Mitschuld angenommen werden.
Die Beschwerdekammer des Obergerichts entschied, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufnehmen muss. Sie soll sich die WhatsApp-Chats und andere digitale Kommunikation beschaffen und diese auswerten. Geprüft werden müssen laut Obergericht auch mögliche Geldwäsche- und Urkundenfälschungsaspekte. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens übernimmt der Staat.
Es sei auch zu berücksichtigen, dass bei einem «Romance Scam» auf Dating-Plattformen gezielt nach Personen gesucht werde, die sich verzweifelt nach einer Liebesbeziehung sehnten und daher besonders empfänglich für solche Maschen seien.
Banken warnten
Aus dem Beschwerdeentscheid geht hervor, wie der offensichtliche Betrug ablief. Nach der Bekanntschaft auf Tinder ging der Kontakt über WhatsApp weiter. Der vermeintliche Mann «Dave» bat ab Mitte Oktober 2024 um Geld für eine angebliche Erbschaft.
Trotz mehrerer Warnungen der Banken in Litauen, Deutschland und Schweiz überwies die Frau insgesamt 97’007 Franken auf verschiedene Konten, unter anderem in Teilbeträgen von 6500 Franken, 34’200 und 26’500 Franken.