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CH/Bundesrat will geräteunabhängige Radio- und Fernsehgebühr (Zus)

Bern (awp/sda) – Auch wer kein Empfangsgerät hat, soll Radio- und TV-Gebühren bezahlen. In einem Bericht ans Parlament empfiehlt der Bundesrat, eine allgemeine Abgabe für Haushalte und Betriebe einzuführen. Bezüger von Ergänzungsleitungen sollen wie bisher nichts bezahlen müssen.
Nahezu alle nutzten Radio und Fernsehen, zumal die Programme heute auch über Handys, Computer und Laptops zu empfangen seien, begründete Bundesrat Moritz Leuenberger am Donnerstag vor den Bundeshausmedien die Empfehlung der Regierung.
Der Bundesrat rechnet damit, dass mit dem neuen System die Gebühren für Radio- und TV-Empfang um rund 100 CHF sinken würden. Heute betragen diese 462 CHF im Jahr.
Derzeit bezahlen über 90% der Haushalte Radio- und TV-Gebühren. Bei den Betrieben sieht es anders aus: 20 bis 30% entrichteten keine Abgabe, sagte Martin Dummermuth, Direktor des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM).
Noch offen ist, von wem und wie die allgemeine Abgabe eingetrieben werden soll. Heute werden die Gebühren von der Swisscom-Tochter Billag einkassiert, welche dafür vom Bund jährlich 55 Mio CHF erhält. Der Bundesrat tendiert dazu, bei einem ähnlichen zentralen System zu bleiben. Es brauche aber nicht die Billag zu sein, sagte Leuenberger.
Verworfen hat der Bundesrat die Idee, die Gebühren künftig aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Noch nicht vom Tisch ist dagegen der Vorschlag, die Gebühr durch die kantonalen Steuerämter erheben zu lassen. Bei den Kantonen sei dieser Gedanke allerdings nicht auf Begeisterung gestossen, sagte Leuenberger.
Den bundesrätlichen Bericht verlangt hatte die Fernmeldekommission des Nationalrates, nachdem das BAKOM angekündigt hatte, künftig auch für den Radio- und Fernsehempfang via Handy und Internet Gebühren erheben zu wollen.
Preisüberwacher Stefan Meierhans hatte seinerseits die Ausschaltung der Billag gefordert, weil sie die Radio- und TV-Gebühren nur verteuere. Diese würden besser mit der direkten Bundessteuer erhoben.
Er begrüsse es, dass auch der Bundesrat Handlungsbedarf sehe, sagte der Preisüberwacher am Donnerstag auf Anfrage der Nacherichtenagentur SDA. Das Endziel sei eine Gebührensenkung. Er sei überzeugt, dass dieses Ziel, wie auch immer, erreicht werden könne.
Die Billag ihrerseits möchte das Inkasso der Radio- und TV-Gebühren nicht aus der Hand geben. In einer Medienmitteilung erklärt sie sich zwar offen für Neuerungen. Von einer allfälligen Erhebung der Gebühren via direkte Bundessteuer hält sie aber nichts. Für das Inkasso sei eine zentrale spezialisierte Organisation effizienter als eine dezentrale Lösung.
«Entsetzt» über den «unseligen Vorschlag» ist der Schweizerische Gewerbeverband (SGV). Er sieht in den Empfehlungen des Bundesrats eine «absurde Zwängerei, die dem bewährten Verursacherprinzip diametral entgegensteht».
Einmal mehr würden damit nicht nur Privatpersonen, sondern auch die KMU geschröpft. Der SGV werde den bundesrätlichen Vorschlag mit allen parlamentarischen und demokratischen Mitteln bekämpfen.
Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hingegen sieht ihre Anliegen weitgehend bestätigt. Auch sie fordert die Abschaffung der Billag. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Gebührenzahler den jährlichen 3-Millionen-Gewinn der Billag finanzieren sollten.
Die SKS begrüsst eine allgemeine Gebührenpflicht, von der sie jedoch Haushalte ohne Empfangsgeräte ausnehmen möchte. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen vertieften Abklärungen sind für die SKS jedoch zu langwierig. Die Konsumentenschützer fordern die rasche Ausarbeitung eines Vorschlags und eine rasche Gesetzesänderung.
rt

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