Fribourg feiert 200 Jahre Schweizer Auswanderung nach Brasilien
Zum Gedenken an die Auswanderer:innen, die 1820 in den Bergen von Rio de Janeiro eine Schweizer Kolonie gründeten: Die Behörden der Schweiz und Brasilien enthüllten in Fribourg eine Bronzetafel.
«In Erinnerung an die Freiburger:innen, die in Brasilien ein besseres Leben suchten», steht auf der Tafel, die im Frühling 2022 auf dem Nova-Friburgo-Platz enthüllt wurde. Der Fribourger Stadtpräsident Thierry Steiert, die brasilianische Botschafterin in der Schweiz Cláudia Fonseca Buzzi und Raphaël Fessler, der Präsident des Vereins Fribourg-Nova Friburgo übernahmen den zeremoniellen Akt.
Letzterer zeichnete sich für das Postulat des Generalrats (GemeindeparlamentExterner Link) verantwortlich, das den Bau eines Denkmals zum 200. Jubiläum anregte.
Die Gemeindebehörden haben neben der Tafel einen QR-Code angebracht, mit dem Touristen auf eine Internetseite der Stadt FreiburgExterner Link zugreifen können, welche die Geschichte der Kolonisierung erzählt. «Unser Ziel mit dieser Tafel ist es auch, der Bevölkerung unserer Stadt zu erklären, warum dieser Platz ‹Place Nova Friburgo› heisst und welche Verbindungen wir zu Brasilien haben», erklärt Thierry Steiert. Steiert stattete 2018 zusammen mit einer Delegation aus Gemeinde- und Kantonsbehörden sowie Fribourger Bürger:innen Nova Friburgo einen offiziellen Besuch ab.
Hungersnot führte zu Auswanderung
Die Geschichte beginnt mit dem Ausbruch des Tambora in Indonesien im Jahr 1816, dem grössten Ausbruch in der Geschichte der Menschheit, der das sogenannte «Jahr ohne Sommer» verursachte. Dieses Phänomen verursachte schwere Wetteranomalien, die die Ernten in Europa und anderen Teilen der Welt zerstörten und zu Hungersnöten und Tod führten.
Brasilien brauchte Siedler:innen und die Schweiz hatte eine verarmte Bevölkerung, die ihr Glück anderswo suchen wollte. Die beiden Regierungen schlossen ein Abkommen ab und am 4. Juli 1819 legten etwas mehr als zweitausend Schweizer:innen, darunter 830 aus dem Kanton Fribourg, im Hafen von Estavayer-le-Lac ab. Am 3. Januar 1820 gründete der brasilianische König «Nova Friburgo», 130 Kilometer von Rio de Janeiro entfernt, wo alle Immigrant:innen leben sollten, welche die harte Reise überlebt hatten.
«Einige Fribourger Gemeinden verkauften Land, um den ärmsten Siedler:innen die Reise zu finanzieren», erklärt Raphaël Fessler. Der Historiker Martin Nicoulin, der die erste Doktorarbeit über die Schweizer Kolonisation von Nova Friburgo verfasst hat, fügt hinzu: «Die Bewohner:innen mussten versprechen, nie mehr zurückzukehren».
Der Verein Fribourg-Nova Friburgo Externer Linkwurde 1978 gegründet und hat bereits sechs Reisen von Schweizer Delegationen mit bis zu 400 Personen nach Nova Friburgo organisiert. Das 200-jährige Jubiläum wurde 2018 gefeiert, wobei an das Datum erinnert wurde, an dem der Kolonialisierungsvertrag von König Johann VI. und der Kantonsregierung von Fribourg unterzeichnet wurde.
Nova FriburgoExterner Link ist eine Gemeinde im Bundesstaat Rio de Janeiro in der südöstlichen Region Brasiliens. Ihre Bevölkerung wird auf 192’000 Einwohner:innen (2021) geschätzt. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind die Textilindustrie, insbesondere die Wäscheindustrie, die Metallindustrie und der Tourismus. Sie ist ausserdem die kälteste Stadt des Bundesstaates.
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Fernando Hirschy / Emilie Ridard
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