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Krueger auf dem heissen Stuhl

swissinfo.ch

Nach dem Aus für die Schweiz an der Eishockey-Weltmeisterschaft im eigenen Land fragt sich die Presse am Dienstag, ob Nationaltrainer Ralph Krueger das Team noch weiterbringt.

«Das Ende der Ära Krueger» titelt der Blick: «Sieg kam 13 Sekunden zu spät – Krueger bleibt einen Monat zu lang», so das Boulevardblatt nach dem vorzeitigen Aus der Gastgeber, die gegen die USA erst in den ersten Sekunden der Nachspielzeit den entscheidenden Treffer erzielten.

Die Personalpolitik des Nationaltrainers habe in eine Sackgasse geführt, ist der Blick überzeugt. «Warum bringen wir den Puck nicht ins Tor? Weil Ralph Krueger auf zu viele Stürmer verzichtet, die wir auf dem internationalen Parkett unbedingt brauchen.»

Auch der Tages Anzeiger ist gleicher Meinung: «Es ist Zeit für einen Wechsel», titelt er seinen Kommentar. «Timing ist im Sport (fast) alles.» Krueger sei zur richtigen Zeit ins Nationalteam gekommen, so die Zeitung aus Zürich. «Mit dem charismatischen Kanadier kam der Optimismus.»

Doch so gut das Timing bei der letzten Heim-WM gewesen sei, «so schlecht war es nun in Bern. Alle erwarteten Grosses – dann wurde sogar das Minimalziel Viertelfinal verpasst». Krueger habe zuletzt ratlos und verzweifelt gewirkt, so der Tagi.

Obwohl Krueger dem Schweizer Eishockey enorm viel gebracht habe, seien Sentimentalitäten fehl am Platz: «Die Frage ist, ob Krueger das Team noch weiterbringt. In Bern ist sie mit einem Nein beantwortet worden.»

Zeit abgelaufen

«Ralph Krueger a fait son temps», die Zeit Ralph Kruegers ist abgelaufen, so der Kommentar in der französischsprachigen Zeitung La Liberté aus Freiburg.

«Nachdem die Schweiz an ihrer eigenen WM versagt hat, ist Kruegers Bande zur Lachnummer der Nation geworden. Es ist Zeit, dass die Verantwortlichen des Schweizer Eishockeys reagieren.»

Auch die Berner Zeitung fragt in ihrer Ausgabe vom Dienstag: «Ist Ralph Krueger noch der richtige Coach?» In der Antwort gibt sich der Kommentator diplomatisch. «Der Grat im internationalen Eishockey ist schmal. Das sollte man der Enttäuschung zum Trotz nicht vergessen.»

Fehlende Klasse

Die Luft an der Spitze sei dünn, bestätigt die Neue Zürcher Zeitung. Den Schweizern fehle aber auch «die Klasse vor dem gegnerischen Tor».

«Von grösseren Erfolgen kann erst geträumt werden, wenn sich nach den Goalies und Verteidigern endlich auch Schweizer Stürmer im Ausland durchsetzen. Doch dafür müssten die Schweizer (Stürmer) mehr Ehrgeiz entwickeln, um die komfortable heimische Liga verlassen zu wollen.»

Wechsel keine Alternative

Nicht gerade eine Lanze für Krueger bricht die Neue Luzerner Zeitung. Sie sieht die Sache nur etwas realistischer an: «Krueger wird nicht gefeuert», titelt sie ihren Kommentar. So schöne Tage wie jene an der Heim-WM 1998, als die Schweiz die Halbfinals erreichte, bedürften weiterhin eines Exploits.

«Ralph Krueger, dessen Vertrag bis 2010 läuft, hat die Schweiz seit damals in den Top 8 etabliert. Unter ihm spielt sie so konstant wie lange nicht mehr. Der abtretenden Verbandspräsident wird ihn nicht feuern. Und der neue nicht, weil Krueger mit 1 Million Franken entschädigt werden müsste.»

Auch für die Basler Zeitung ist klar: «Der Wechsel ist noch keine Alternative. Die Gründe für das Scheitern der Schweizer gehen weit über jene Fehler hinaus, die Krueger begangen haben mag.»

Man könne Krueger verschiedenstes vorwerfen. «Doch so funktioniert der Sport – manchmal geht ein Konzept auf, manchmal nicht.»

Ein Wechsel sei vielleicht schon nach Olympia 2010 und der WM danach möglich, wenn Kruegers Vertrag nach 13 Saisons ablaufe. «Findet sich dann jemand, der Kruegers Arbeit mindestens fortführen kann, wäre ein Wechsel eine Alternative. Vorher nicht.»

swissinfo, Christian Raaflaub

Die Eishockey-WM 2009 mit den besten 16 Nationalteams findet bis am 10. Mai im Hauptaustragungsort Bern und in Kloten statt.

Von den 56 Partien finden 32 in der PostFinance-Arena in Bern statt (inkl. alle Finalspiele), 24 Spiele in der Arena Zurich-Kloten.

Favorisiert sind Titelveteidiger Russland und Kanada.

Ziel der Schweiz, aktuelle Nr. 8 der Weltrangliste, ist das Viertelfinale. Für das Erreichen des Halbfinales wäre ein absoluter Exploit des Teams von Coach Ralph Krueger nötig.

Die Hoffnungen im Schweizer ruhen auf den beiden NHL-Stars Mark Streit und Martin Gerber sowie dem Riesen Ryan Gardner, der 196 Zentimeter misst.

Die Organisatoren unter Präsident Gian Gilli erwarten rund 300’000 Fans.

Die PostFinance-Arena in Bern fasst an der WM 11’500 Zuschauer, die Arena Zurich-Kloten 6700.

In den beiden WM-Stadien sind 1100 freiwillige Helfer im Einsatz.

Das Gesamtbudget der Organisatoren beläuft sich auf 31 Mio. Franken.

Für den Grossanlass haben sich rund 800 Journalisten akkreditiert.

Die 56 Spiele werden von 190 TV-Stationen in über 100 Länder übertragen.

Gesamthaft verfolgen 800 Millionen Zuschauer die WM am Fernsehen.

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